Episodes
Thursday Apr 07, 2022
055 — Strukturen der Welt
Thursday Apr 07, 2022
Thursday Apr 07, 2022
Dies ist eine Episode mit großer Tiefenschärfe, wenn man so sagen möchte; vielleicht eine, die mehr Fragen als Antworten aufwirft. Lassen Sie sich trotzdem auf das Thema ein, denn ich glaube, dass wir auf die Gedanken dieser Episode in der Zukunft zurückkommen werden!
Strukturen bestimmen unser Leben. Aber welche? Wie sind sie entstanden? Sind sie geplant, zufällig, veränderbar, unveränderlich?
Würde ein Außerirdischer unseren Planeten zum ersten Mal besuchen, welche Strukten würde er vorfinden, welche würden ihn vielleicht überraschen? In dieser Episode spreche ich im wesentlichen über drei beziehungsweise vier verschiedene Strukturen
- Alles was im weiteren Sinne »geologisch« bestimmt ist
- Leben auf unserer Erde
- Menschliche Artefakte
- Die Möglichkeit völlig neuartiger Arten menschlicher Artefakte in der Zukunft
Dabei mache ich einen Ausflug in die Ideen der Gaia-Hypothese von James Lovelock, der Frage, was Leben ist, gibt es überhaupt eine allgemein akzeptierte Definition, und warum ist diese Frage ziemlich entscheidend?
»Leben erscheint als geordnetes und gesetzmäßiges Verhalten der Materie, das nicht ausschließlich auf deren Neigung beruht, von Ordnung zu Unordnung überzugehen«, Erwin Schrödinger, Was ist Leben?
Warum entscheiden sich menschliche Artefakte fundamental von den anderen beiden genannten Strukturen?
»Life is the universe developing a memory«, Lee Cronin
Zuletzt stelle ich die wesentliche Frage, wie, nach welchem »Plan« die jeweiligen Strukturen geformt werden, wo dieser »Plan« gespeichert ist und welche wesentlichen Konsequenzen das für uns Menschen jetzt und in der Zukunft hat.
»Solang der Wirt nur weiter borgt // Sind sie vergnügt und unbesorgt.« (Mephisto)
Referenzen
andere Episoden
- Episode 17: Kooperation
- Episode 21: Der Begriff der Natur, oder: Leben im Anthropozän
- Episode 22: Biodiversität und komplexe Wechselwirkungen – Gespräch mit Prof. Franz Essl und Episode 33: Naturschutz im Anthropozän – Gespräch mit Prof. Frank Zachos
- Episode 23: Frozen Accidents
- Episode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?
- Episode 48: Evolution, ein Gespräch mit Prof. Erich Eder
- Episode 49: Wo denke ich? Reflexionen über den »undichten« Geist
fachliche Referenzen
- Erwin Schrödinger, Was ist Leben / What is Life (1951)
- Rupert Riedl, Die Ordnung des Lebendigen (1973)
- Stanford Encyclopedia of Philosophy, Life
- Lee Cronin im Lex Friedman Podcast #269: Origin of Life, Aliens, Complexity and Consciousness (2022)
- Richard David Precht, Erkenne die Welt: Geschichte der Philosophie 1 (2015)
Sunday Jan 23, 2022
052 — Reflexionen
Sunday Jan 23, 2022
Sunday Jan 23, 2022
Ich habe mittlerweile über 50 Episoden erstellt, was durchaus ein Anlass zu einer ersten kritischen Reflexion sein darf. Vor Weihnachten habe ich zahlreiche Zuschriften bekommen, die mich alle sehr gefreut haben. Dabei war auch das eine oder andere, was mich nachdenklich gemacht hat, und das mich zusätzlich zu dieser Episode motiviert hat.
Vielen Dank jedenfalls an dieser Stelle an alle, die mir schreiben. Ich versuche allen zu antworten, und freue mich über weitere Kommentare, Anregungen, Kritik.
Ich habe durch das machen der Podcasts selbst viel dazugelernt. Gesehen, dass es sehr schwer ist, Dinge angemessen einzuordnen. In dieser Reflexion versuche ich nochmals übergreifende Themen aufzunehmen:
- Realismus und Bescheidenheit,
- die Rolle der Wissenschaft,
- Wunschdenken,
- Unsicherheit und Verantwortung,
aber vor allem auch die Frage, ob man überhaupt noch positiv, mit Hoffnung in die Zukunft blicken soll.
Referenzen
- Episode 11: Ethik, oder: Warum wir Wissenschaft nicht den Wissenschaftern überlassen sollten!
- Episode 17: Kooperation
- Episode 25: Entscheiden unter Unsicherheit
- Episode 27: Wicked Problems
- Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!
- Episode 30: (Techno-)Optimismus – ein Gespräch mit Tim Pritlove
- Episode 36: Energiewende und Kernkraft, ein Gespräch mit Anna Veronika Wendland
- Episode 37: Probleme und Lösungen
- Episode 39: Follow the Science?
- Episode 41: Intellektuelle Bescheidenheit: Was wir von Bertrand Russel und der Eugenik lernen können
- Episode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick hinter die Kulissen: Gespräch mit Herbert Saurugg
- Episode 44: Was ist Fortschritt? Ein Gespräch mit Philipp Blom
- Episode 45: Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?
- Episode 46: Activism, a Conversation with Zion Lights
- Episode 47: Große Worte
- Episode 50: Die Geburt der Gegenwart und die Entdeckung der Zukunft — ein Gespräch mit Prof. Achim Landwehr
- Episode 51: Vorbereiten auf die Disruption? Ein Gespräch mit Herbert Saurugg und John Haas
Wednesday Nov 10, 2021
049 — Wo denke ich? Reflexionen über den »undichten« Geist.
Wednesday Nov 10, 2021
Wednesday Nov 10, 2021
Über lange Zeit war die Ansicht geläufig, dass eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale zwischen Tier und Mensch beim Werkzeuggebrauch liegt. Diese Idee, wie viele andere eindimensionale Unterscheidungen zwischen Tier und Mensch, scheinen aber wissenschaftlich nicht haltbar zu sein. Dennoch ist der Gebrauch und die Schaffung von Werkzeugen einer der konstituierenen Faktoren moderner Gesellschaften.
Manche Artefakte sind aber keine Werkzeuge im klassischen Verständnis, sondern scheinen vielmehr unser Denken zu erweitern. Damit stellt sich die etwa von Andy Clark und David Chalmers aufgeworfene Frage:
»Wo endet der Geist und wo beginnt der Rest der Welt?«
Andy Clark sieht dies in seinem Buch Being There etwas bildlich so:
»Der Geist ist ein undichtes Organ, er entflieht stetig seinen natürlichen Beschränkungen und mischt sich schamlos mit dem Körper und der Welt.«
Schon aus der Antike kennen wir die Ansicht, dass Körper und Geist in einer wesentlichen Wechselwirkung stehen, so schreibt Juvenal:
»Mens sana in corpore sano«, »Ein gesunder Geist steck in einem gesunden Körper.«
Aber in einem klassischen philosophischen Artikel aus dem Jahr 1998 konkretisieren Clark und Chalmers anhand einer Reihe von Beispielen die These, dass das Denken auch immer mehr unsere Umgebung einbezieht.
In dieser Folge versuche ich weniger die komplizierte philosophische Diskussion zu erfassen als mehr die Frage, welche Folgen diese Idee für unsere moderne Gesellschaft hat. Warum ist es wünschenswert, die natürlichen Beschränkungen unseres »biologischen Geistes« zu überwinden?
Wir werden in dieser Folge feststellen, dass wohl fast alle komplexen Prozesse unserer Gesellschaft ohne diesen »ausfließenden Geist« kaum vorstellbar wären.
Aber, wie so oft, gibt es auch Risiken oder Seiteneffekte, derer man sich bewusst sein sollte.
- Was bedeutet dies etwa für das Selbstverständnis und die Fähigkeiten des Menschen, das Ich, das Selbst?
- Wenn wir erweiterte Kognition erleben, wo sich die Denkprozesse mehrerer Menschen überschneiden, was hat dies für Folgen?
- Was bedeutet dies für die Komplexität und Resilienz unserer Gesellschaft uns so manchen abenteuerlicher Ideen, wie der Kolonialisierung des Weltraums, um ein extremes Beispiel zu nennen?
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 9: Abstraktion: Platos Idee, Kommunismus und die Zukunft
- Episide 10: Komplizierte Komplexität
- Episode 17: Kooperation
- Episode 32: Überleben in der Datenflut – oder: warum das Buch wichtiger ist als je zuvor
Fachliche Referenzen
- Andy Clark, David Chalmers, The Extended Mind, Analysis 58.1. (1998)
- Andy Clark, Being There, Bradford (1998)
- Externalism about the mind, Stanford Encyclopedia of Philosophy
- Henry David Thoreau, Journal 1851
- Watson und Crick — (an)sichten Artikel: James Watson, Die Doppel-Helix, Die Struktur der DNS Teil 1 (Watson und Crick) und Teil 2 (Die Doppelhelix)
- Mark Rowlands, Extended Mentality (YouTube)
- Leonard E. Read, I, Pencil
- Annie Murphy Paul, The Extended Mind
- GitHub Copilote
- Jonathan Haidt, How Social Media Is Changing Social Networks, Group Dynamics, Democracies & Gen Z
- Nicholas Christakis, Connected, Harper Collins (2021)
Wednesday Sep 22, 2021
047 — Große Worte
Wednesday Sep 22, 2021
Wednesday Sep 22, 2021
»Der Starke ist am mächtigsten allein.«, Friedrich Schiller, Wilhelm Tell, beziehungsweise Dagobert Duck in der Übersetzung von Dr. Erika Fuchs
Die Idee zu dieser Episode reift schon seit längerer Zeit, aber gerade meine Beobachtung vom Verhalten und Auftreten Intellektueller und Wissenschafter in sozialen (aber auch traditionellen) Medien hat jetzt den Ausschlag gegeben. Einerseits erlauben uns soziale Medien die Vernetzung untereinander und fallweise auch Verteilung und Diskussion interessanter neuer Ideen, gleichzeitig aber fühlen sich Netzwerke wie Twitter immer mehr wie ein Virus an, der viele von uns und damit die Diskussionskultur vergiftet.
Selbst führende Intellektuellen, schaffen es oftmals nicht einen kühlen, ruhigen and distanzierten Kopf zu bewahren und werden auf dieser Plattform zu schlechteren Menschen und schlechteren Wissenschaftern / Experten. Dümmer, weniger interessant, polarisierend. Oder wie es der Internet-Pionier Jaron Lanier eine Spur provokanter ausdrückt:
»Soziale Medien machen dich (wahrscheinlich) zum Arschloch« und »Die heutigen sozialen Medien ziehen Großmäuler und Arschlöcher an.«
Was mich besonders beunruhigt: In der aktuellen Krise zeigt sich, dass auch Intellektuelle, die bisher eher zu nüchternder und kluger Analyse geneigt haben, zunehmend neben der Spur stehen.
In Episode 32 habe ich mich mit einem anderen, aber überschneidenden Aspekt dieses Themas beschäftigt: Was ist Information, was sind Daten, in welcher Form werden wir am besten informiert? In Episode 41 diskutiere ich ebenfalls intellektuelle Bescheidenheit, beziehungsweise meine Forderung danach, aber auch in dieser vergangenen Episode ist der Bezug ein anderer, nämlich die Frage, wie wir mit vergangenen Irrtümern und intellektuellen Irrläufern umgehen sollten.
In dieser Episode steht eher die umgekehrte Richtung im Vordergrund: also nicht nur wie konsumieren wir Information und nicht nur Rauschen, sondern vor allem auch, wie interagieren wir mit anderen und wie tragen wir aktuell zu Diskursen bei. Welche Rolle spielen soziale Medien dabei heute, und welche sollten sie für uns in der Zukunft spielen.
Auch in dieser Folge nehme ich zunächst auf Ansichten des Philosophen Karl Popper aus den 1980er Jahren Bezug:
»Wir dürfen nie vorgeben zu wissen, und dürfen nie große Worte gebrauchen«
»Wenn ein Mensch verantwortlich sprechen will, muß er so reden, daß man ihm nachweisen kann, daß er etwas Falsches gesagt hat. Dann wird er auch etwas bescheidener sein.«
Ein Aufruf, der heute aktueller ist als je zuvor. Wir sind umgeben von Besserwissern, Leuten, die die eigenen Fähigkeiten dramatisch überschätzen oder ihrer Umgebung mehr Sicherheit vorspielen als gegeben ist. Große Worte und Arroganz schaden der wichtigen Auseinandersetzung bei unterschiedlichen Ansichten.
Nicht nur soziale Netzwerke selbst sind vergiftet, sondern zunehmend auch der wissenschaftliche und politisch/gesellschaftliche Diskurs — quasi als Kollateralschaden der Reproduktionsform, um mit Günther Anders zu sprechen:
“Wenn das Ereignis in seiner Reproduktionsform sozial wichtiger wird als in seiner Originalform, dann muß das Original sich nach seiner Reproduktion richten, das Ereignis also zur bloßen Matrize ihrer Reproduktion werden.”
“Wenn das Ferne zu nahe tritt, entfernt oder verwischt sich das Nahe.”
Sowohl in den Naturwissenschaften aber besonders auch den Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften finden wir immer mehr Blender und Schwätzer.
»Jeder Intellektuelle hat eine ganz spezielle Verantwortung. Er hat das Privileg und die Gelegenheit, zu studieren. Dafür schuldet er es seinen Mitmenschen (oder der Gesellschaft), die Erkenntnisse seines Studiums in der einfachsten und klarsten und bescheidensten Form darzustellen. Das Schlimmste ist, wenn die Intellektuellen es versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann.«, Karl Popper
Dieses Wettrüsten der Worte um immer großspurigere und gleichzeitig inhaltsleere Darstellungen zu befeuern mag dem eigenen Image dienen (in Form von moral grandstanding und virtue signaling) schadet aber Wissenschaft, Gesellschaft und Politik.
Wie können wir es wieder ruhiger und bescheidener angehen und die (a)sozialen Netzwerke weitgehend hinter uns lassen? Was hat es mit Rudeln und Einzelgängern auf sich und wie helfen uns diese Überlegungen bessere Gespräche zu führen und damit zu besseren Entscheidungen zu kommen.
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 41: Intellektuelle Bescheidenheit: Was wir von Bertrand Russel und der Eugenik lernen können
- Episode 32: Überleben in der Datenflut – oder: warum das Buch wichtiger ist als je zuvor
- Episode 16: Innovation und Fortschritt oder Stagnation?
Fachliche Referenzen
- Jaron Lanier, Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst
- Karl Popper, Ich weiß, dass ich nichts weiß – und kaum das
- Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt (1987)
- Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen, Band 1, Band 2
- Brett Weinstein, Dark Horse Podcast mit Daniel Schmachtenberger, 11. Feb. 2021
- Friedrich Schiller, Wilhelm Tell
- Philipp Blom, Was auf dem Spiel steht, Carl Hanser (2017)
- Justin Tosi, Grandstanding: The Use and Abuse of Moral Talk, Oxford Univ. Press (2020)
Wednesday Aug 04, 2021
045 – Mit »Reboot« oder Rebellion aus der Krise?
Wednesday Aug 04, 2021
Wednesday Aug 04, 2021
Gerade in Zeiten der Krise liest und hört man immer wieder Geschichten, Phantasien, manchmal auch Schreckens- oder gar Wunschvorstellungen, unsere (globale) Gesellschaft könnte kollabieren und dann einen sogenannten Reboot durchleben. Wie ein Phoenix aus der Asche könnte eine neue, bessere Gesellschaft aus den Ruinen der alten aufstehen.
So wird auch von manchen extremeren Gruppen die Idee in den Raum gestellt, eine solche Disruption bewusst herbeizuführen.
»Traditionelle Strategien wir Petitionen, Lobbying, Wahlen und Proteste haben aufgrund der tief verankerten Interessen von politischen und ökonomischen Kräften nicht funktioniert. Unser Vorgehen ist daher gewaltfreier, disruptiver ziviler Ungehorsam — eine Rebellion um Änderungen herbeizuführen, zumal alle anderen Mittel versagt haben«, Extinction Rebellion global, Website (Hervorhebungen von mir)
Es gibt noch radikalere Vorstellungen und Phantasien in politisch radikalen Strömungen, von Anarchisten bis zu rechts-radikalen und in radikal religiösen Bewegungen wie dem Islamismus oder evangelikalen Bewegungen, etwa in den USA, die ebenfalls glauben über radikale Änderungen eine bessere Welt herbeiführen zu können oder gar über einen Kollaps und Neuaufbau.
Der britische Philosoph John Gray fasst dies so zusammen:
»Der millenaristische Geist glaubt, die menschliche Welt kann komplett und schlagartig transformiert werden […] Zur Zeit des Mittelalters wurde dies durch Gott oder Gottes Vertreter auf Erden erreicht. In modernen Zeiten, gilt als Autor dieser neuen Welt die Humanität oder selbsternannte revolutionäre Avantgarde.«
Nutzen wir doch die Krise, räumen wir das alte Zeug weg, und bauen wir von vorne neu auf! Wir beginnen also von vorne, aber wissen es diesmal besser, machen alles besser und alles wird gut?
In dieser Episode diskutiere ich einerseits die Idee schneller, radikaler Reformen und die Frage, ob es möglich ist, eine moderne Gesellschaft aus den Ruinen der heutigen wieder aufzubauen.
Die kurze Antwort ist: nein. Wir haben die Leitern, auf denen wir auf die heutige gesellschaftliche Komplexität hochgeklettert sind, weggeworfen. Nicht nur würde ein Kollaps unfassbares Leid anrichten, wir wären wohl auch nicht mehr in der Lage eine moderne Gesellschaft wiederherzustellen.
Auch die Phantasien schneller, radikaler Reformen sind aus mehreren Gründen nicht nur unrealistisch sondern wahrscheinlich brandgefährlich. Etwas zerstören ist einfach, etwas funktionierendes Aufbauen ungeheuer schwierig und, wenn es große Teile der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik betrifft, auch nicht planbar.
»Eine Revolution lässt sich nicht als Fortschritt beschreiben«, Christoph Möllers
Die Kunst der Transformation unserer Gesellschaft hin zu einem nachhaltigen Lebensstil ist daher wohl ein ungeheuer komplexer Balanceakt, wo substantielle Veränderung geschehen sollte, dies hochgradig rational und nicht von Ideologien getrieben, aber bei gleichzeitiger Erhaltung bestehender Systeme und Strukturen, bis diese tatsächlich durch funktionierende neue ersetzt wurden.
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 44: Was ist Fortschritt, Gespräch mit Philipp Blom
- Episode 41: Intellektuelle Bescheidenheit
- Episode 37: Probleme und Lösungen
- Episode 27: Wicked Problems
- Episode 17: Kooperation
Fachliche Referenzen
Monday Jun 21, 2021
043 – Deep Fakes: Wer bist du, und – was passiert da eigentlich?
Monday Jun 21, 2021
Monday Jun 21, 2021
Wollte man den Titel dieser Episode etwas gelehrter ausdrücken könnte man vielleicht sagen: Das Fenster der vermittelten Authentizität, das das 20. Jahrhundert geprägt hat, schließt sich gerade. Und es schließt sich in bemerkenswertem Tempo.
Bitte die Referenzen unten ansehen: dort finden sich alle in der Episode genannten Bilder.
Vor Ende des 19. Jahrhunderts gab es keine Mittel technischer Reproduktion der »Wirklichkeit«, also weder Photographie, noch Film noch Tonaufnahmen. Diese analogen Reproduktionstechniken haben einen interessanten »Sweetspot«: sie sind schnell, billig und effektiv genug um die Welt mit Abbildungen von Ereignissen über weite Strecken zu versorgen, aber unflexibel genug, dass Manipulation und Fälschung verhältnismässig aufwändig sind. So haben wir im 20. Jahrhundert natürlich Fälschungen gesehen, aber diese waren im Vergleich zu den authentischen Medien vergleichsweise selten.
Robert Capa, Death of a loylist soldier (Spanischer Bürgerkrieg)
Im Augenblick entstehen technische aber extrem einfach zugängliche technische Mittel (Software, Smartphones), die glaubwürdige Manipulationen oder Fabrikationen beliebiger Medien für Jedermann ermöglichen – auch Deep Fakes genannt.
In dieser Episode bespreche ich den geschichtlichen Hintergrund der technischen Innovationen, wie wesentliche Information vor dem 20. Jahrhundert vermittelt wurde – auch am Beispiel der Schlachtenmalerei – und wo wir uns heute hinbewegen. Ich zeige, wie analoge Medien gefälscht wurden, warum dies aber nur ein vergleichsweise kleines Problem war.
Dann diskutiere ich, was Deep Fakes eigentlich manipulieren und was Authentizität in der vermittelten Abbildung der Welt für uns bedeutet? Wie werden wir (bald) damit umgehen, wenn jeder 14 Jährige auf der ganzen Welt:
- eine Podcast-Episode erstellen kann, in der vermeintlich Joe Rogan mit Donald Trump oder Barack Obama spricht;
- ein YouTube Video, wo ein bekannter Journalist die Bundeskanzlerin interviewt;
- einen Film, in dem Tom Cruise mit Marilyn Monroe gemeinsam auf dem Motorrad fährt;
- oder ein unappetitliches Video anfertigt und online stellt oder über Plattformen teilt, dass eine Klassenkameradin in einer pornographischen Situation zeigt?
All diese Medien werden kaum oder gar nicht von echten Aufnahmen unterscheidbar sein und all diese Medien werden, wie gesagt, mit äußerst geringen Sachkenntnissen und ubiquitär verfügbaren Computern hergestellt werden können.
Können wir diese Entwicklung noch verhindern? Die Effekte eingrenzen? Können wir das Vertrauen in vermittelte Realität wieder zurückgewinnen, sollte es einmal durch einen Tsunami an solchen Deep Fakes zerstört worden sein?
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 4 und Episode 5: Was will Technologie?
- Episode 30: (Techno-)Optimismus – ein Gespräch mit Tim Pritlove
- Episode 40: Software Nachhaltigkeit, ein Gespräch mit Philipp Reisinger
- Episode 15: Innovation oder Fortschritt?
Fachliche Referenzen
- (an)sichten Blog: The Closing Window auf Mediated Authenticity
- Stalin und Photo-Manipulationen
- Die sowjetische Flagge am Berliner Reichstag 1945
- Robert Capa, der fallende Soldat: Philipp Blom, Der taumelnde Kontinent, dtv (2011)
- Bobby Chesney, Danielle Citron, Deep Fakes: A Looming Challenge for Privacy, Democracy, and National Security (2019)
- Pedro J. Colombo, Der Photograph von Mauthausen, Tahoe books (2021)
- Zu Deep Fakes: keine konkrete Referenz, weil sich hier alles so schnell bewegt. Eine Internet Suche zum Stichwort »Deep Fake« bringt zahlreiche Beispiele (Obama, Trump, Fake Porn, Joe Rogan)
- The Guardian, European MPs targeted by Deep Fake Video Calls Imitating Russian Opposition (2021)
Thursday May 06, 2021
Thursday May 06, 2021
Die Idee zu dieser Episode ist mir gekommen, als mir ein altes Buch von Bertrand Russell in die Hände gefallen ist: Marriage and Morals. Ein heute (wie sich herausstellen wird zum Glück) recht unbekanntes Werk von ihm.
Bertrand Russell war ein Philosoph, Logiker und public intellectual, den ich sehr schätze. Er ist 1872 geboren und 1970 gestorben, war einer der führenden Wissenschafter, Philosophen und Intellektuellen seiner Zeit. Ein Mensch, der in seinen Handlungen über seine Lebenszeit offensichtlich versucht hat die Gesellschaft in eine positive Richtung weiterzuentwickeln.
Er befürwortete früh im 20. Jahrhundert das Frauenwahlrecht, wurde zweimal für seine Friedensbemühungen inhaftiert, war Atheist und unterstützte linke Ideen, obwohl er selbst einem alten Adelsgeschlecht entstammte.
Viele seiner Bücher sind bis heute – aus gutem Grund – gerne gelesen.
So ist die Auseinandersetzung (für mich) mit Marriage and Morals alles andere als einfach. In dieser Episode beschränkte ich mich auf ein Kapitel aus diesem Buch, das sich mit Eugenik beschäftigt. Unter Eugenik versteht man im weiten Sinne die Anwendung technischer oder politische Mittel oder Maßnahmen, mit dem Ziel, die Anteil vermeintlich positiver Erbanlagen in der Bevölkerung zu verbessern. Im Deutschen ist ein Begriff der NS-Zeit, die sogenannte Rassenhygiene, sehr eng damit verwandt.
Russell äußert in diesem Kapitel Ansichten, die – wie in der Episode diskutiert wird – mit einem heutigen Blick auf die Welt in keiner Weise mehr vereinbar sind.
Gerade darum war diese Auseinandersetzung für mich so lehrreich: Wie kann es sein, dass einer der führenden Intellektuellen seiner Zeit auf solche gedanklichen Abwege kommt? Was bedeutet dies über die Dinge die ich oder andere Menschen in der heutigen Zeit vertreten?
Russel war nicht der erste und wird nicht der letzte Intellektuelle bleiben, der sich in einem Thema verirrt. So schreibt etwa Karl Popper über Platon:
»Er war ein großer Philosoph. Er hat die Philosophie begründet und hat viele großartige Ideen gehabt. Aber ich habe versucht zu zeigen, daß ein großer Philosoph auch sehr schlimme Dinge vertreten kann. In einer Zeit, die eine Aufklärungszeit war, in der andere Denker gegen die Sklaverei waren, schrieb Platon wie ein arroganter Sklavenhalter und trat für die Sklaverei ein.«
Zunächst versuche ich in dieser Episode einen Schritt zurück zu machen und den Kontext der Zeit, das Verständnis von Eugenik kurz darzustellen. Menschen sind immer auch Kinder ihrer Zeit – welche Rolle spielt das in ihrem Denken? Dann kehren wir zu Russel und auch in die heutige Zeit zurück: Wie sollen wir Menschen der Vergangenheit beurteilen? Menschen, mit denen wir heute (intellektuelle oder politische) Konflikte haben? Dürfen wir Menschen verurteilen, die sich »Ausrutscher« erlaubt haben? Unter welchen Umständen?
»Wer Eindeutigkeit erstrebt, wird darauf beharren, dass es stets nur eine einzige Wahrheit geben kann und dass diese Wahrheit auch eindeutig erkennbar ist.«, Thomas Bauer
Ich denke, dass wir wesentlich mehr intellektuelle Bescheidenheit fordern müssen, sowohl in dem was wir behaupten, aber auch in dem was wir kritisieren.
Dies ist eine für mich schwierig zu verdauende Folge. Ich hoffe, es ist mir gelungen diesen Themenbereich angemessen zu diskutieren. Ich freue mich daher gerade bei dieser Episode ganz besonders auf Feedback und Kritik.
»Wir dürfen nie vorgeben zu wissen, und dürfen nie große Worte gebrauchen«, Karl Popper
Referenzen
Bertrand Russel
- Bertrand Russell: Biographie in der Encyclopedia Britannica
- Bertrand Russell in der Stanford Encyclopedia of Philosophy
- Das Russell-Einstein Manifest
Bücher von Bertrand Russel
- Eroberung des Glücks: Neue Wege zu einer besseren Lebensgestaltung
- Lob des Müßiggangs
- Warum ich kein Christ bin
- Philosophie des Abendlandes
- Marriage and Morals, H. Liverlight (1929)
fachliche Referenzen
- Philipp Blom, Die zerrissenen Jahre, dtv (2016)
- Richard David Precht, Sei du selbst, Goldmann (2019)
- Karl Popper, Ich weiß, dass ich nichts weiß, und kaum das, Ullstein
- Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt, Piper (2009)
- Thomas Bauer, Vereindeutigung der Welt, Reclam (2018)
Monday Mar 22, 2021
039 – Follow the Science?
Monday Mar 22, 2021
Monday Mar 22, 2021
»Science does not say you shouldn’t pee on high-voltage lines, it says urine is an excellent conductor.«, Axel Bojanowski, Twitter Header
»Follow the science«, also »Folge der Wissenschaft« ist das Motto oder die Forderung vieler Umweltbewegungen aber auch zunehmend politischer Akteure.
Was ist von dem Slogan zu halten? Was könnte falsch daran sein, den Erkenntnissen der Wissenschaft zu folgen? Bei genauerer Betrachtung stellt sich die Sache leider (wie so häufig) etwas komplexer dar.
Diese Frage öffnet drei grundsätzliche Ebenen:
- In welchem Umfang können wir Wissenschaft und Erkenntnis vertrauen? Denn Follow the Science setzt natürlich hohe Ansprüche an die Qualität des Wissens.
- Gibt es in komplexen Systemen überhaupt eine klare Beschreibung von Problemen und Lösungen? Oder ist schon diese Betrachtung problematisch?
- Selbst wenn wir diese ersten beiden (schwerwiegenden) Aspekte einmal ignorieren, stellen wir fest, dass es dennoch sehr fundamentale Gründe gibt, warum follow the science in der naiven Form kaum haltbar ist.
In dieser Episode geht es daher alleine um den dritten Aspekt. Die ersten beiden Aspekte wurden in anderen Episoden bereits diskutiert (s.u.).
Anhand von vier Gedankenexperimenten wird die Problemlage deutlich gemacht:
- Welche Rolle spielt die Wissenschaft in der Entscheidungsfindung?
- Kann aus wissenschaftlicher Erkenntnis unmittelbar Aktivitäten abgeleitet werden?
- Wie ist das Zusammenspiel von ethischer Bewertung, gesellschaftlichen Werten und naturwissenschaftlicher Erkenntnis?
In dieser Episode gilt ganz besonders: Teilen Sie Ihre Überlegungen mit mir!
»Es gibt keine bedrohlichere und entwürdigendere Doktrin als die Vorstellung, dass wir die Verantwortung für die Entscheidungen unserer Gesellschaft irgendwie aus der Hand geben können, indem wir sie einigen wenigen, mit einem besonderen Zauber ausgestatteten Wissenschaftlern übertragen.«, Jacob Bronowski (1956)
Referenzen
Andere Episoden: (1) Welcher Erkenntnis können wir trauen
- Episode 13 und Episode 14: (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 1 & 2
- Episode 11: Ethik, oder: Warum wir Wissenschaft nicht den Wissenschaftern überlassen sollten!
Andere Episoden: (2) Probleme und Lösungen
- Episode 6: Messen was messbar ist – über die Idee aus Messbarkeit heraus die Welt zu begreifen
- Episode 10: Komplizierte Komplexität
- Episode 27: Wicked Problems
- Episode 25: Entscheiden unter Unsicherheit
- Episode 37: Probleme und Lösungen
Fachliche Referenzen
-
Max Weber, Die »Objektivität« sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904)
- Jacob Bronowksi, Science and Human Values (1956)
Tuesday Feb 02, 2021
037 – Probleme und Lösungen
Tuesday Feb 02, 2021
Tuesday Feb 02, 2021
- dasselbe Problem,
- dieselbe Lösung spricht und
- jeder wüsste und übereinstimmt, wie man vom einem zum anderen gelangt
Sprache und Rhetorik bestimmt auch unser Handeln. In dieser Episode spreche ich über verschiedene Arten von Problemen, und wie diese unterschiedliche Zugänge verlangen. Am Beispiel des Problemschachs wird die einfachste Art von Problemen erklärt.
Thomas Taverner 1889: Weiß setzt Schwarz in zwei Zügen Matt
Wir werden dann aber feststellen, dass fast alle Probleme, die uns im Leben und der Welt begegnen, gerade nicht in diese Kategorie fallen – schon auf die »normale« Schachpartie trifft dies nicht mehr zu.
Probleme in der Welt sind häufig Wicked Problems. Probleme, die sich schwer fassen lassen, die keine klare Lösung und kein klares Ziel haben. Probleme, die sich auch nicht leicht reproduzieren oder studieren lassen.
Wie gehen wir damit um? Sollten wir uns von Wunschdenken und Wunschvorstellungen lösen und in manchen Bereichen auch die Erkenntnis annehmen, dass wir von Problemen umgeben sind, die wir nicht, oder nicht mehr lösen können? Dazu zählt wohl auch der Klimawandel.
»Wenn man sagt, es ist ein Wettlauf mit der Zeit (wir haben noch diese drei Jahre...), dann werden wir diesen Wettlauf verlieren«, Wolfram Eilenberger
Was können wir angesichts solcher, auch existentieller Probleme überhaupt erwarten? Schuldzuweisungen? Können wir in eine erwachsene Diskussion kommen? Wollen wir evolutionäre Transformationsprozesse oder Revolutionen? Was ist die Rolle von Generalisten? Und der Umgang mit dem Scheitern?
»Die rettende Idee besteht schlicht darin, dafür zu sorgen, dass die menschlichen und Berechnungsfehler beschränkt bleiben, und zu verhindern, dass sie sich im System ausbreiten«, Nassim Taleb
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 10: Komplizierte Komplexität
- Episode 25: Entscheiden unter Unsicherheit
- Episode 27: Wicked Problems
- Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!
Fachliche Referenzen
- Jung und Naiv Folge 467 mit Wolfram Eilenberger (20.9.2020)
- ‘A cat in hell’s chance’ – why we’re losing the battle to keep global warming below 2C, The Guardian (19.1.2017)
- Nassim Taleb, Der schwarze Schwan, Konsequenzen aus der Krise
- Kenneth Stanley, Why Greatness Cannot be Planned – The Myth of the Objective (Sep. 2015)
Monday Dec 14, 2020
035 – Innovation oder: Alle Existenz ist Wartung?
Monday Dec 14, 2020
Monday Dec 14, 2020
»Most work is keeping things the same«, David Graeber
Kann nur Innovation unsere Zukunft sichern, oder leben wir gar im Innovations-Wahn?
»Wir springen von einer Klippe und erst auf dem Weg nach unten bauen wir unsere Flügel«, Ray Bradbury
Das scheint in vielerlei Hinsicht die Strategie unserer Gesellschaft zu sein, aber ist das eine kluge Strategie, die wir weiterführen sollten? Welche Technologie ist eigentlich relevant für uns? Wer entscheidet dies? Wer hat welche Interessen? Wie spielen alte und neue Technologien zusammen?
Silicon Valley Speak erklärt im wesentlichen IKT zur Technologie, aber das ist nur ein sehr kleiner Teil des Bildes. Was nehmen wir eigentlich als Technologie wahr?
»Der Faszination des Neuen folgt in der Regel die Phase der Gewöhnung, die so weit geht, dass wir das Technische gar nicht mehr als das Technische wahrnehmen«, Klaus Kornwachs
Wir sind abhängig von lebenswichtiger technischer Infrastruktur und diese ist im ständigen Kampf gegen die Entropie.
Alles ist Wartung:
»Everything, without exception requires additional energy and order to maintain itself. Existence, it seems, is chiefly maintenance«, Kevin Kelly
Je komplexer wir aber unsere Infrastruktur machen, desto aufwändiger wird die Wartung. Innovation, im besonderen auch Digitalisierung, erschein vielleicht nicht teuer in der Anschaffung, aber haben wir bedacht, dass sie unsere bestehenden Systeme viel komplexer macht und wir diese Komplexität über Jahrzehnte warten müssen?
Wartung ist das Fundament von Fortschritt und Innovation und die Voraussetzung für gesellschaftliche Agilität. Gleichzeitig sind Wartung und Nachhaltigkeit auch zwei Seiten derselben Medaille.
Wem nützt der aktuellen Angst-machenden »Innovation Speak«: Innovieren oder Verlieren; Disruption oder abgehängt werden; move fast and break things. Wirklich? Cui bono? Wem nützt das? Was ist für die Gesellschaft wirklich von Bedeutung?
Was bedeuten diese Überlegungen für unser Schul- und Bildungssystem, für Universitäten und Forschung? Gibt es eine »STEM-Crisis« und brauchen wir daher wirklich mehr Akademiker?
Anhand einiger Beispiele wie der Hyperloop, Wifi und Ladegeräte in New Yorks Bussen, Digitalisierung in Schulen, Green New Deal und Energiewende zeigen sich fragwürdige Formen von Innovation, die Wartung und sinnvolle Investition kaum erfüllen.
“Der Gedanke, dass Schulen auch Schutzräume darstellen können, die sich bewusst auf wesentliche Fragen, Probleme und Inhalte konzentrieren und sich gegenüber den Zumutungen einer hysterisierten Öffentlichkeit auch abschotten können, ist uns sehr, sehr fremd geworden.”, K. P. Liessmann
Wir leben – und auch aus dieser Perspektive kann man das Thema betrachten – in einer Wegwerfgesellschaft. Wartung spielt häufig keine Rolle. Ein kompliziertes Gerät funktioniert nicht mehr. Wegwerfen! Neu kaufen! Geplante Obsoleszenz wird zum Standard der Wirtschaftspraxis. Das ist ökologisch ein wirkliches Problem, aber was macht das mit uns Menschen?
Was können und sollen wir tun, wie kommen wir voran? Wie erzielen wir inklusiven Fortschritt? Was ist ein gutes Produkt und was bedeutet dies für die Wertschöpfung? Ist dieser Themenbereich politisch umstritten oder vielleicht gar konsens-fähig? Packen wir es an:
»Take care, pay attention, do your job«, Lee Vinsel
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 15: Innovation oder Fortschritt?
- Episode 16: Innovation und Fortschritt oder Stagnation?
- Episode 18: Physik, Fortschritt oder Stagnation: Gespräch mit Andreas Windisch
- Episode 19: Offene Systeme – Teil 1
- Episode 20: Offene Systeme – Teil 2
- Episode 30: (Techno-)Optimismus: Ein Gespräch mit Tim Pritlove
- Episode 31: Software in der modernen Gesellschaft – Ein Gespräch mit Tom Konrad
Fachliche Referenzen
- David Graeber, Bullshit Jobs, Penguin (2019)
- Lee Vinsel, The Innovation Delusion, Currency (2020)
- Kevin Kelly, The Inevitable: Understanding the 12 Technological Forces That Will Shape Our Future, Penguin (2017)
- TED-Talk: Robert Gordon, The death of innovation, the end of growth (2013)
- Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik, C.H.Beck Wissen (2013)
- Robert Charette, The STEM crisis is a myth, IEEE Spectrum (2013)
- Julian Nida-Rümelin: Gefährdet der Akademisierungswahn die berufliche Bildung? (2016)
- Konrad Paul Liessmann, Geisterstunde: Die Praxis der Unbildung: Eine Streitschrift, Piper (2016)