Episodes
Thursday Oct 15, 2020
032 – Überleben in der Datenflut – oder: warum das Buch wichtiger ist als je zuvor
Thursday Oct 15, 2020
Thursday Oct 15, 2020
Wir leben in immer schnelleren Zeiten. Um hier nicht den Anschluss zu verlieren, müssen wir auch unsere Informationskanäle beschleunigen: Soziale Medien, Videos, Newsfeeds... Bücher sind da ein überflüssiger Anachronismus und haben im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr.
Oder doch?
In dieser Episode provoziere ich wieder zum Widerspruch.
Was sind Daten und was ist Information? Braucht man in einer (angeblich) schnellen Zeit wirklich schnellere Medien, oder ist die Krise in der wir stecken vielleicht eine Folge dieses Irrtums?
Information ist »irgendein Unterschied, der bei einem späteren Ereignis einen Unterschied macht«, Gregory Bateson (zitiert aus K. P. Liessmann, Theorie der Unbildung)
Was ist das Signal/Rausch-Verhältnis moderner Medien? Gibt es überhaupt News, und wenn ja, helfen uns diese weiter? Vermissen wir irgendetwas, oder ist fear of missing out schlicht eine Marketing-Strategie um uns Unsinn zu verkaufen und abhängig zu machen?
Welche Rolle spielt das Buch in dieser Gemengelage und in welcher Form sollten wir es lesen?
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 2: Was wissen wir?
- Episode 9: Abstraktion: Platos Idee, Kommunismus und die Zukunft
- Episode 16: Innovation und Fortschritt oder Stagnation?
Fachliche Referenzen
- Konrad Paul Liessmann, Theorie der Unbildung, Piper (2008)
- Douglas Rushkoff, Team Human (2019)
- Sherry Turkle, Alone Together, Basic Books (2017)
- Tristan Harris, How Technology is Hijacking Your Mind — from a Magician and Google Design Ethicist
- The Reading Brain in the Digital Age: The Science of Paper versus Screens, Scientific American (2013)
- Lisa Allcott, Reading on-screen vs reading in print: What's the difference for learning? (2019)
- Jill Barshay, Evidence increases for reading on paper instead of screens, Hechinger Report (2019)
Friday Aug 21, 2020
029 – Fakten oder Geschichten? Wie gestalten wir die Zukunft?
Friday Aug 21, 2020
Friday Aug 21, 2020
Eine Episode die zum Nachdenken anregen soll, und die Motivation dieses Podcasts reflektiert:
»Fakten sind wichtig aber nicht entscheidend.«
Werden wir geschoben – von der Vergangenheit, den Problemen, den bestehenden Narrativen, oder agieren wir, denken wir aktiv über die Zukunft nach – ziehen wir uns also in Richtung Zukunft?
Übernehmen wir die Verantwortung über unser Leben und die Zukunft der Gesellschaft oder verlieren wir uns in Zynismus – das Handeln ist alternativlos...?
»Menschen sind die Produkte der Geschichten, die sie über sich selbst erzählen, die ihre Gemeinschaft über sich erzählt. Fakten spielen dabei höchstens eine untergeordnete Rolle.«, Philip Blom
Welche Rolle spielen dabei Narrative, Fakten, Wissenschaft, Geschichten?
»Those who tell the stories run the world.«, George Mobiot
Was bedeutet das? Wie kommen wir zu Entscheidungen? Wie verändern wir die Welt?
»Bewegungen, welche die Welt zu verändern suchen, beginnen oft damit, dass sie die Geschichte umschreiben und die Menschen damit in die Lage versetzen, sich die Zukunft neu auszumalen.«, Yuval Noah Harari
Schreiben Sie mir Ihre Meinung!
Referenzen
Andere Episoden
- Episode 12: Wie wir die Zukunft entdeckt und wieder verloren haben
- Episode 25: Entscheiden unter Unsicherheit
- Episode 27: Wicked Problems
- Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!
Fachliche Referenzen
- Konrad Paul Liessmann, Leben mit dem Virus
- Philip Blom, Was auf dem Spiel steht, Hanser (2017)
- George Mobiot, Out of the Wreckage, Verso (2017)
- Yuval Noah Harari, Homo Deus, Eine Geschichte von Morgen, C. H. Beck (2018)
- Evgeny Morozov, To Save Everything, Click Here, Penguin (2014)
- Julia Shaw, Das trügerische Gedächtnis, Heyne (2018)
- Andrea Schuhmacher, Das betrogene Ich, Die Zeit 13. Oktober 2009
Monday Jul 13, 2020
027 – Wicked Problems
Monday Jul 13, 2020
Monday Jul 13, 2020
In Episode 25 haben wir uns mit Entscheiden unter Unsicherheit auseinandergesetzt. Wann macht Evidenz-basiertes Entscheiden Sinn, wann müssen wir andere Strategien anwenden. Dies war ein erster Aufschlag zu diesem Thema.
In dieser Episode greifen wir einen der kurz erwähnten Aspekte auf und vertiefen ihn: Wicked Problems.
Mit dem einflussreichen Fachartikel aus dem Jahr 1973 haben Horst Rittel und Melvin Webber den Begriff eingeführt, ins Deutsche vielleicht mit »bösartige Probleme« übersetzbar.
Wir werden uns mit der Frage auseinandersetzen was Wicked Problems von Tame Problems also »zahmen Problemen« unterscheidet und welche Rolle Effizienz dabei spielt.
Rittel und Webber beschreiben 10 Charakteristika von wicked problems, die ich auf 4+1 Aspekte zusammenfasse. Die Erkenntnisse dieses fast fünfzig Jahre alten Artikels sind heute gültiger als zur Zeit der Veröffentlichung.
Das zeigen zahlreiche neuere Publikationen, die die Terminologie und Konzepte aufgreifen. Ich wähle beispielhaft zwei hervor: David Epstein (Range) und Chris Clearfield (Meltdown). Beide beschäftigen sich mit der Frage, wie wir mit den heute überall zu sehenden wicked problems und wicked domains umgehen sollen.
Was ist die Konsequenz für unsere Zukunft? Schule, Universität, Politik, Management?
Und nicht zuletzt: was halten wir von Experten, oder besser gesagt: wie können wir Experten, denen wir täglich in den Medien begegnen einschätzen?
Referenzen
- Horst Rittel, Melvin Webber, Dilemmas in a General Theory of Planning, Policy Sciences 4 (1973), 155-169
- Peter Kruse, Wie reagieren Menschen auf Komplexität?
- Peter Kruse, Next Practice, Gabel (2004)
- David J. Epstein, Range: Why Generalists Triumph in a Specialized World, Riverhead (2019)
- Chris Clearfield, Meltdown: Why systems fail and what we can do about it, Atlantic (2018)
- Philip Tetlock, Superforecasting. The Art and Science of Prediction, Cornerstone (2015)
- Roger Willemsen: Die Kunst des Streitens in der Mediengesellschaft, Keynote (2014)
Friday May 29, 2020
025 – Entscheiden unter Unsicherheit
Friday May 29, 2020
Friday May 29, 2020
Thema dieser Episode ist Entscheiden unter Unsicherheit oder etwas genauer, Unter welchen Voraussetzungen sind evidenzbasierte Entscheidungen angebracht, und wie ist unter Unsicherheit, also etwa bei komplexen Problemen zu entscheiden.
Auch dies ist wieder keine Corona-Episode im engeren Sinne, wenngleich die Corona-Krise ein gutes Beispiel für eine Situation ist, wo evidenzbasierte Entscheidung nur bedingt möglich ist.
Zunächst gibt es wieder einmal einen Blick in die Vergangenheit: Was können wir von James Lind, Florence Nightingale, Archie Cochrane und John Ioannidis über Fortschritt in der Medizin und evidenzbasiertes Entscheiden lernen?
Was sind die Voraussetzungen, damit man in einer bestimmten Problemlage evidenzbasiert Entscheiden kann?
Zunächst versuche ich Risiken in drei Klassen einzuteilen und mit Beispielen zu unterlegen um damit deutlich zu machen, dass es von großer Bedeutung ist zunächst einmal zu verstehen, mit welcher Art von Risiko wir es in einem konkreten Fall überhaupt zu tun haben. Darf man etwa
- Masern
- Herzinfarkt
- Autounfälle
- Ertrinken im Swimmingpool
- politische Konflikte
- Covid-19
- Finanzmärkte
- Klimakrise
miteinander vergleichen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Wann ist ein System oder ein Problem komplex und was bedeutet das für Entscheidungen?
Unter welchen Voraussetzungen ist schnelles und aggressives Handeln das Mittel der Wahl, unter welchen Deliberation und Bezug auf vergangene Ereignisse?
Ist rationales Entscheiden Intuition und Bauchgefühl immer überlegen? Warum wird dann so häufig defensiv oder pseudo-rational entschieden?
Wenn man über ein akutes Problem hinausblickt: wie kann man sich für die Zukunft vorbereiten? Welche systemischen Aspekte könnte man bedenken
- Vorbereiten auf Tail Risks
- Resilienz vs. Effizienz
- Vielfalt statt Einfalt
- Verteilung statt Konzentration
- enge oder lockere Kopplung?
- Versicherung
In dieser Episode wird es wieder einige Anregungen zum Weiterdenken geben, aber wir müssen auch einige Aspekte für spätere Episoden offen lassen, z.B.
- Eine vertiefte Betrachtung komplexer Systeme und deren Probleme, z.B. »Wicked Problems«
- Solutionism – wie Technik unseren Blick auf Probleme verwirren kann
- Atomwaffen und internationale Politische Konflikte
Referenzen
andere Episoden
- Episode 27: Wicked Problems
- Episode 23: Frozen Accidents
- Episode 22: Biodiversität und komplexe Wechselwirkungen – Gespräch mit Prof. Franz Essl
- Episode 13 und 14 – (Pseudo)wissenschaft? Welcher Aussage können wir trauen? Teil 1 & Teil 2
- Episode 10: Komplizierte Komplexität
- Episode 6: Messen, was messbar ist?
fachliche Referenzen
- John Ioannidis
- James Lind: The man who helped to cure scurvy with lemons, BBC
- Florence Nightingale – Data Scientist
- Florence Nightingale as Statistician, Edwin W. Kopf, Publications of the American Statistical Association, Vol. 15, No. 116 (Dec., 1916)
- Florence Nightingale, datajournalist: information has always been beautiful, The Guardian (2010)
- Presentation by Prof. Lynn McDonald at Gresham College. (30. Oct., 2014)
- Archie Cochrane
- Archie Cochrane: - 1971 Rock Carling Fellowship monograph Effectiveness and Efficiency: Random Reflections on Health Services, first published in 1972 by the Nuffield Provincial Hospitals Trust
- Archie Cochrane and his vision for evidence-based medicine, Hriday M. Shah, Kevin C. Chung (2009)
- Tim Harford, Trial and Error (2012)
- Flash Crash
- Neil Johnson, Abrupt rise of new machine ecology beyond human response time, Nature Scientific Reports (2013)
- Chris Clearfield, Meltdown: Why systems fail and what we can do about it (2018)
- The Artificial Intelligence Revolution: Part 1 - Wait But Why (2015)
- Gerd Gigerenzer
- Peter Kruse
- Nassim Taleb
- Steve Jobs on Consulting
Friday Apr 17, 2020
023 – Frozen Accidents
Friday Apr 17, 2020
Friday Apr 17, 2020
Die Idee dieses Podcasts ist es nicht, Themen zu behandeln, die eine besonderen Bezug zu aktuellen Ereignissen haben, sondern Themen, die von grundsätzlicher Bedeutung sind und eine wesentliche Rolle für unsere Zukunft spielen. Daher gibt es auch keine Covid-19 Episode. Allerdings wurden und werden in diesem Podcast Themen besprochen, die für die Corona-Krise von zentraler Bedeutung sind. In der Vergangenheit waren das etwa folgende Episoden:
- Episode 6: Messen was messbar ist, über Daten und rationale Entscheidungen.
- Episode 10: komplizierte Komplexität
- Episode 11: Ethik und Wissenschaft, warum es wichtig ist, ethische Entscheidungen nicht Wissenschafter zu überlassen.
- Episode 17: Kooperation oder Wettbewerb, gerade in der aktuellen Krise sehen wir, welche Rolle Kooperation spielt.
Und diese Episode behandelt ein, eigentlich zwei Themen, die ebenso fundamental für die Zeit einer Krise und notwendiger Veränderungen in der Zukunft sind.
Der erste Begriff ist Frozen Accidents, der auf Murray Gell-Mann und Francis Crick zurückgeht.
»Now, most single accidents make very little difference to the future, but others may have widespread ramifications, many diverse consequences all traceable to one chance event that could have turned out differently. Those we call frozen accidents.«, Murray Gell-Mann
In dieser Episode werde ich den Begriff zur Improvisation nutzen um einen zweiten, den der Status Dominanz einzuführen und zu erklären.
Wir sehen an zahlreichen Beispielen um uns herum, wie stark der Status Quo, teilweise von Frozen Accidents (mit)verursacht eine Anziehung entwickelt (durch Strukturen und Systeme), die wir kaum mehr in der Lage sind zu verändern.
Auch unsere Risikoeinschätzung wird dadurch stark beeinflusst. Wer würde etwa heute eine Technologie einführen, die jedes Jahr 1,5 Millionen Menschen das Leben kosten und eine Vielzahl davon schwer verletzt?
Und nicht zuletzt stellt sich die Frage für die Zukunft: was bedeutet dies für die dringen notwendigen und fundamentalen Veränderungen in unserer Gesellschaft?
Referenzen
- Frozen Accidents: Why the Future Is So Unpredictable
- WHO, Why it can't handle the pandemic, The Guardian
- Das Paradox der vermiedenen Katastrophe, (an)sichten
- Frozen Accidents und Status Dominanz, (an)sichten
Irakkrieg und Demokratie
Monday Mar 16, 2020
021 – Der Begriff der Natur – oder: Leben im Anthropozän
Monday Mar 16, 2020
Monday Mar 16, 2020
Ich möchte mit dieser Episode anregen – vielleicht auch ein wenig provozierend – über Begriffe nachzudenken:
- Natur
- Umwelt
- Umweltschutz
- Umwelt und Wirtschaft
- Anthropozän
In welcher Form wir diese Begriffe interpretieren, stellt sich als fundamentale Weichenstellung heraus, wie wir mit unserer Zukunft umgehen.
»Ich habe mich oft gefragt: 'Was sagte der letzte Bewohner der Osterinsel, der gerade dabei war, die letzte Palme zu fällen?' Schrie er wie moderne Holzfäller: 'Wir brauchen keine Bäume, sondern Arbeitsplätze!'? Oder sagte er: 'Die Technik wird unsere Probleme schon lösen, keine Angst, wir werden einen Ersatz für das Holz finden'? Oder vielleicht: 'Wir haben keinen Beweis, dass es nicht an anderen Stellen auf der Osterinsel noch Palmen gibt, wir brauchen mehr Forschung, der Vorschlag, das Abholzen zu verbieten, ist voreilig und reine Angstmacherei'?«, Jared Diamond
Es macht auf sehr anschauliche Weise deutlich, wie sehr wir als Individuen auf die Probleme fokussiert sein können, die aus unserem Job, unserer Rolle in der Gesellschaft oder Wirtschaft entspringen. So fokussiert, dass wir völlig übersehen, dass wir durch den immer angestrengteren Versuch, unser Unternehmen, unsere Familie, unseren Staat aufrecht zu erhalten gerade die dafür notwendigen Fundamente zerstören.
In dieser Episode werden wir von Alexander von Humboldt hören: »Alles ist Wechselwirkung« und über das Verhältnis von Wirtschaft und Natur:
»Naturmenschen und Menschen früher Zivilisationen lebten in der Vorstellung einer geradezu grenzenlosen Fläche. [...] Es gab immer einen anderen Platz, den man aufsuchen konnte, wenn die Dinge zu schwierig wurden; entweder weil die Umwelt oder die sozialen Strukturen im bisherigen Lebensraum zerstört wurden. […] Besonders Ökonomen sind größtenteils gescheitert mit den Konsequenzen dieses Übergangs von einer offenen zu einer geschlossenen Welt zurechtzukommen.«, Kenneth Boulding
Was ist dieses – von Boulding, McLuhan und anderen eingeführte – »Spaceship Earth« (Raumschiff Erde), und wie kann es uns diese Idee weiterhelfen?
Die Erde photographiert von der Apollo 8 Mission (1968)
Dann ist der Begriff der »Umwelt« an der Reihe. Macht dieser Begriff (und die traditionelle Umweltbewegung) heute überhaupt noch Sinn, oder verstellte er den Blick auf die Tatsache, dass wir in ein neues Erdzeitalter, das Anthropozän eingetreten sind und damit völlig neu über unser Verhältnis zur Welt nachzudenken haben?
»Wir waren immer verrückt, aber wir hatten nicht die Fähigkeiten die Welt zu zerstören. Jetzt haben wir sie.«, Nassim Taleb
Was wir angerichtet haben, fällt auf uns zurück. Niemand wird uns dabei helfen.
»Die Natur ist nicht länger am Steuer des Planeten, wir sind es. Es liegt in unserer Hand, was passieren wird.«, Mark Lynas
Was folgt aus dieser Aussage? Zunächst die Erkenntnis, dass ich in dieser Episode viele Türen öffne, viele Fragen aufwerfe und hoffe, zum Nachdenken und zur Diskussion anzuregen. In späteren Folgen, werde ich versuchen, verschiedene dieser Themen wieder aufzunehmen, auch in Gesprächen mit Gästen.
Referenzen
- Jared Diamond, Kollaps, Warum Gesellschaften überleben oder untergehen, Fischer (2012)
- Andrea Wulf, Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, C. Bertelsmann (2016)
- Kenneth E. Boulding, The Economics of the Coming Spaceship Earth; In H. Jarrett (ed.) 1966. Environmental Quality in a Growing Economy, pp. 3-14. Baltimore, MD: Resources for the Future/Johns Hopkins University Press.
- US Botschafter Adlai Stevenson bei einer UN-Ansprache im Jahr 1965 {Chris C. Park, The Environment, Psychology Press (2001)}
- Buckminster Fuller, Operating Manual for Spaceship Earth
- Club of Rom 1972: Grenzen des Wachstums
- The Anthropocene is functionally and stratigraphically distinct from the Holocene, Colin N. Waters et al., 8. Jan 2016
- Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018)
- Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik, C.H.Beck Wissen (2013)
- Lars Fischer, Geoengineering – haben wir überhaupt noch eine Wahl?, SciLogs (2010)
- Mark Lynas, The God Species: How Humand Really Can Save the Planet
Monday Feb 17, 2020
019 – Offene Systeme – Teil 1
Monday Feb 17, 2020
Monday Feb 17, 2020
Diese Episode weicht wieder etwas von den bisherigen ab. Sie ist so etwas wie eine »Brückenepisode«. Ich baue hier eine thematische Brücke über eine Reihe vergangener Episoden auf. Der thematische Faden ist »was bedeutet Offenheit in Wissenschaft, Technik und Politik/Gesellschaft«?
Ich blicke zurück auf die Episoden 2, 12, 11, 6 und 18 und bringe die Aspekte, die sich auf Offenheit beziehen in einen Zusammenhang:
- Wissenschaftlicher Fortschritt und Kommunikation
- ein Konflikt zwischen Ökonomie und Wissenschaft?
- Ethische Fragen: wie können wir als Gesellschaft entscheiden?
- Empirie und Kritik
- Ergebnisoffenheit von Forschung
- Zusammenspiel von Disziplinen
- Erkenntnis und Demokratie
Diese Folge ist auch ein Teaser für die nächste Episode, in der ich mit zwei Experten dieses Thema diskutieren werde.
»Wer steuert Wissenschaft und Technologie in einer Demokratie, wenn die Menschen nicht die geringste Ahnung davon haben. […] Wissenschaft ist mehr als gesammeltes Wissen; es ist eine Art und Weise zu denken. Eine Art, skeptisch das Universum zu befragen – aber immer mit dem Bewusstsein der menschlichen Fehlbarkeit.«, Carl Sagan
Referenzen
Andere Episoden
Sunday Jan 19, 2020
017 – Kooperation
Sunday Jan 19, 2020
Sunday Jan 19, 2020
Essen oder gegessen werden – wir bereiten unsere Kinder, jungen Erwachsenen und Studenten auf eine Welt des Wettbewerbes vor. Homo Homini Lupus im modernen Gewande.
Aber passt dies überhaupt zu den Problemen der heutigen Zeit? Ist diese Ideologie die richtige um tatsächlich Fortschritt zu erzielen?
»Marx: alle Sinne reduzieren sich auf das Haben. Solidarität wird ersetzt durch egoistische Konkurrenz und Macht.«, Michael Quante
Zwei Seiten einer Medaille als Kontext: »Die Tragödie des Menschen und der Allmende«.
Eineseits sprechen wir, nach Arnold Gehlen, über den Mensch als Mängelwesen, das aber über die Fähigkeit der Kooperation zur dominierenden Spezies des Planeten geworden ist, andererseits Garrett Hardin, tragedy of the commons – wo das bisherige Ende dieser Kooperation zu erkennen war. Natürliche Ressourcen werden bis zum Kollaps zerstört.
Kooperation in modernem Gewande, nicht Wettbewerb, hat in der Vergangenheit zu enormen Leistungen verholfen, denken wir an die Mondlandung, das Manhatten Projekt, den Umgang mit SARS, AIDS oder dem Ozonloch.
Aber dort, wo es heute am wichtigsten ist, zum Beispiel dem Klimawandel, kommen wir nicht voran.
Wie kann eine kooperative Nutzung wesentlicher Ressourcen in der Zukunft aussehen? Welche Rolle spielen moderne Technologien wie die künstliche Intelligenz?
Andere Episoden:
- Episode #3: Unerwartete Konsequenzen, das Ozonloch
- Episode #6: Messen was messbar ist
- Episode #16: Innovation und Fortschritt oder Stagnation
Referenzen
- Michael Quante, Das philosophische Radio, WDR5, 3.1.2020
- Der Mensch als Mängelwesen, NZZ 24.01.2004
- Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik (C.H.Beck Wissen) (2013)
- Teller und Oppenheimer, Das Ende der Welt?
- Nassim Taleb, Skin in the Game (2018)
- Keith Carlisle, Rebecca L. Gruby, Polycentric Systems of Governance: A Theoretical Model for the Commons, The Policy Studies Journal, Vol. 00, No. 00, 2017
- Seven principles of resilience, Stockholm Resilience Centre
Friday Jan 03, 2020
016 – Innovation und Fortschritt oder Stagnation?
Friday Jan 03, 2020
Friday Jan 03, 2020
»Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, daß er viel größer ausschaut, als er wirklich ist.«, Johann Nestroy
In der vorigen Episode habe ich versucht das Zusammenspiel von Innovation und Fortschritt unter die Lupe zu nehmen. Ziel war es zum Nachdenken und vor allem auch zum Widerspruch anzuregen. Ich freue mich auch weiterhin über Anregungen und Kommentare.
In dieser Episode gehe ich einen – etwas spekulativen – Schritt oder Frage weiter. Scheitern wir vielleicht nicht nur daran zwischen Innovation und Fortschritt zu unterscheiden, sondern ist das Problem vielleicht wesentlich tiefer liegend: leben wir in einem Zeitalter der Stagnation, wo zwar viel Lärm gemacht wird, sich tatsächlich aber recht wenig bewegt?
Ein Blick zurück. Philipp Blom beschreibt die tatsächlich enormen Umwälzungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als bemerkenswertes Beispiel greife ich die Neurasthenie heraus, die zeigt, als wie schnell und überwältigend diese Entwicklungen wahrgenommen wurden. Blom zitiert einen George Miller Beard, Art der Zeit:
»Es gibt eine große Familie von funktionellen nervösen Störungen, die unter den hinter verschlossenen Türen arbeitende Klassen der zivilisierten Länder immer häufiger werden. In diesem Land beträgt die Anzahl der Menschen, die an dieser Krankheit leiden, Hunderttausende«
In der Tat ist auch objektiv eine enorme Entwicklung in Wissenschaft, Technik und Gesellschaft zwischen 1900 und 1960 zu beobachten.
In einem Gespräch kommen Peter Thiel, Eric Weinstein zu der Erkenntnis, dass wir in einem Zeitalter der Stagnation (seit den 1970er Jahren) leben; mit wenigen Ausnahmen (vor allem Informationstechnologie uns Software). Stagnation in der Wissenschaft, der Technologie aber auch kaum Wirtschaftswachstum. Volatität wird als Dynamik missverstanden.
Der absolut überwiegende Teil der wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen auch der heutigen Zeit wurden vor den 1970er Jahren gelegt.
Haben wir ein Problem in der Wissenschaft (ist es ein fundamentales Erkenntnisproblem, oder eines der wissenschaftlichen Praxis)? in der Umsetzung in die Technologie? In unseren Organisationen?
»Wir leben in einer Art von intellektuellen Truman-Show, wo alles um uns herum falsch ist und etwas super-aufregendes passieren wird.«, Eric Weinstein
Thiel und Weinstein sind nicht die einzigen, die derartige Ideen vertreten: Artikel von Frank Schirrmacher und David Graeber sowie ökonomische Aspekte durch Robert Gordon: keine nennenswerte Zunahme an Produktivität, Innovation und Wachstum in den letzten Jahrzehnten.
Zuletzt werfen wir einen Blick auf die sehr interessanten Beobachtungen der Physikerin Sabine Hossenfelder, die ähnliche Beobachtungen aus der Innensicht der modernen (theoretischen) Physik macht.
»Meine Generation ist bemerkenswert erfolglos – in mehr als 30 Jahren ist es uns nicht gelungen, die Grundlagen der Physik zu verbessern«
Aber so erfolglos können wir gar nicht sein, dass wir die Lautstärke des Marketings nicht ständig aufdrehen.
Stimmt es also, dass wir – entgegen dem lautstarken Marketing – tatsächlich eher in einer Welt der wissenschaftlichen und technologischen Stagnation leben?
Und falls das so ist: warum ist das für unsere Gesellschaft und Zukunft von größter Bedeutung!?
Wie immer: schicken Sie mir Ihre Meinungen, Kritikpunkte, Ergänzungen, z.B. über Twitter, und über dieses Feedback-Formular.
Referenzen
- Philipp Blom, Der taumelnde Kontinent: Europa 1900–1914 (2011)
- The Portal: Eric Weinstein, Peter Thiel (im besonderen die ersten 30–40 Minuten)
- David Graeber im Gespräch mit Peter Thiel, Where did the future go?
- Frank Schirrmacher, Neil Armstrongs Epoche: Das Drama einer Enttäuschung (FAZ) (ca. 2012)
- Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik (C.H.Beck Wissen) (2013)
- Antibiotika: Das Wundermittel wirkt nicht mehr, ZEIT Online
- Missing Link: Der 3D-Drucker, oder: die industrielle Revolution, die nicht stattfand
- David Graeber, Bürokratie, Die Utopie der Regeln (2017)
- Robert Gordon, The death of innovation, the end of growth (TED-Talk)
- Sabine Hossenfelder, Lost in Math
- Konrad Paul Liessmann, Dienst ohne Vorschrift – 200 Jahre nach seinem Tod wäre Immanuel Kant, einer der größten Denker der Moderne, chancenlos, sich im heutigen Wissenschaftsbetrieb durchzusetzen. Der Standard, 6. Februar 2004
- Edward Snowden, Permanent Record (2019)
- Tim Jackson, Prosperity without Growth (2009, 2016)
Tuesday Dec 17, 2019
015 – Innovation oder Fortschritt?
Tuesday Dec 17, 2019
Tuesday Dec 17, 2019
Wir sprechen in der Öffentlichkeit, in der Wissenschaft, der Industrie ständig von Innovation, so als wäre Innovation per se sinnvoll und wichtig für unsere Gesellschaft, aber stimmt das? Was ist überhaupt Innovation? Und was ist der Unterschied oder Zusammenhang zwischen Innovation und Fortschritt?
Warum sprechen wir davon in letzter Zeit immer weniger von Fortschritt? Es gab mehr als ein Anzeichen in der Vergangenheit, dass Innovation und Fortschritt nicht immer Hand in Hand gehen müssen, und in der heutigen Zeit und damit auch in der nahen Zukunft ist die Situation noch komplizierter geworden.
»Mit dem 18. und 19. Jahrhundert wird der Begriff des Fortschritts fester Bestandteil des europäischen Weltbildes.«, Klaus Kornwachs
Wir hat sich der Fortschrittsbegriff des 19. Jahrhunderts immer mehr auf Innovation reduziert?
Wir werfen einen Blick in die Vergangenheit, unter anderem auf den »Atommoment« der Physiker, den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki und stellen uns die Frage, ob wir heute nicht einen »Atommoment« der Informatik erleben.
War das alles unvorhersehbar?
Was hat die Technikkritik der Nachkriegszeit bewirkt, denken wir etwa an Günther Anders:
»Wir sind die Herren der Apokalypse, das Unendliche sind wir. Alle Wechselfälle der (bisherigen) Geschichte werden angesichts der neuen Möglichkeiten zur reinen “Vorgeschichte”«
Es herrscht nach dem zweiten Weltkrieg wohl eher das Motte »Machen was machbar ist«. Seit damals scheinen wir die Frage nach dem Fortschritt immer weniger zu stellen und heute werden wir mit Innovationen auf allen Ebenen überflutet.
»In den letzten vierzig Jahren hat sich das Pro-Kopf-Einkommen der US-Amerikaner mehr als verdoppelt. Bedeutet dies, dass wir mehr glückliche Menschen haben? Keineswegs. Noch deutlicher ist des in Japan, wo sich das Pro-Kopf-Einkommen in den letzten vierzig Jahren verfünffacht hat, wieder: mit keinem messbaren Zuwachs an individuellem Glück«, Barry Schwartz
Also doch eher Ablenkung und Nebelkerzen um uns von den tatsächlichen Problemen der Zeit abzulenken?
»Wir verwechseln systematisch Innovation mit Fortschritt«, Harald Welzer
Es mangelt nicht an Herausforderungen. Sollten wir »Innovation« nicht eher als Ablenkung begreifen, ad acta legen und uns dem Begriff des Fortschrittes wieder annähern um die Probleme der Zeit handhaben zu können?
Referenzen
- Richard von Schirach, Die Nacht der Physiker, Rowohlt (2012)
- Armin Hermann, Die Jahrhundertwissenschaft, Werner Heisenberg und die Geschichte der Atomphysik, Rowohlt (1977)
- Klaus Kornwachs, Philosophie der Technik (C.H.Beck Wissen) (2013)
- Ludwig Fahrbach, How the growth of science ends theory change, Synthese (2011) 180: 139.
- Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen Buch 1 und 2, Beck (2010)
- Edward Snowden, Permanent Record, Macmillan (2019)
- Atul Gawande, What matters in the end?, On Being Podcast
- Sabine Hossenfelder, Lost in Math (2018)
- Barry Schwartz, The Paradox of Choice, HarperCollins (2016)
- Der Philosophische Stammtisch: Schöne neue digitale Welt? (mit Precht, Welzer & Gentinetta) (2018)
- Shoshanna Zuboff, Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus (2018)
- Rushkoff, Douglas. Present Shock: When Everything Happens Now, Penguin Publishing Group (2014)
- Thomas Bauer, Die Vereindeutigung der Welt, Reclam (2018)