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Thursday Feb 13, 2025
117 — Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof. Christoph Kletzer
Thursday Feb 13, 2025
Thursday Feb 13, 2025
Die heutige Episode hat wieder viel Spaß gemacht. Zu Gast ist Prof. Christoph Kletzer. Ich bin auf ihn gestoßen über einen Artikel in der Presse mit dem Titel »Der humpelnde Staat« — und das soll auch der Titel dieser Episode sein.
Prof. Christoph Kletzer ist Professor am King’s College London und eine profilierte Stimme in politischen Debatten.
»Eine seltsame Krankheit hat unsere europäische Staatsordnung befallen: Sie interessiert sich immer stärker für die kleinsten Details unseres Lebens, wird immer einfallsreicher bei der Tiefenregulierung des Alltags, lässt uns aber mit unseren brennendsten Nöten allein.«
Wir beginnen mit der Frage nach den immer stärker werdenden staatlichen Eingriffen. Welche Beispiele kann man dafür nennen?
»Im Grunde haben wir alle so kleine Sandboxen, in denen wir spielen dürfen«
Und dennoch verlieren viele der westlichen Staaten zunehmend die Fähigkeiten, ihre Kernaufgaben zu erfüllen.
Erleben wir in den vergangenen Jahrzehnten einen zunehmenden Illiberalismus? Das Ganze scheint gepaart zu sein mit einer wachsenden Moralisierung aller möglichen Lebensbereiche.
»Die Unfähigkeit im Großen wird durch aggressiven Kleingeist kompensiert.«
Was ist die Rolle der einzelnen Akteure und des Systems?
»Die Funktion des Systems ist das, was es tut« — »The purpose of a system is what it does«, Stafford Beer
Woher kommt dieses Verrutschen des staatlichen Fokus?
»Machtlosigkeit im Inneren wird mit technokratischem Verwaltungsstaatshandeln kompensiert. Das ist zum Teil in die DNA der Europäischen Union eingeschrieben.«
Sie wird als Neo-Funktionalismus bezeichnet. Was bedeutet dies? Wurden wir in eine politische Einheit geschummelt? Wer hat eigentlich welche Kompetenz und wer trägt für welche Entscheidungen konkret Verantwortung?
»Das wirkt mir eher nach FIFA als nach einem demokratischen System.«
Oder wie der Komplexitätsforscher Peter Kruse es ausgedrückt hat:
»In einem Krabbenkorb herrscht immer eine Mordsdynamik, aber bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass eigentlich nichts richtig vorwärtsgeht.«
Wie kann man komplexe Systeme strukturieren oder Ordnung in komplexe Systeme bringen? Gibt es einen verfassungsrechtlichen Geburtsfehler in der EU? Kann man diesen noch beheben? Wird das Problem überhaupt diskutiert?
Welche Rolle spielen Preise in der Selbstorganisation komplexer Wirtschaften?
Kann Innovation als Arbitrage betrachtet werden?
Wie viel kann bei einer komplexen Einheit wie der EU zentral gesteuert werden und wie viel muss sich durch selbstorganisierende Phänomene gestalten lassen? Sollten wir bei Kernaufgaben (was sind diese?) zentralistischer handeln und mehr Staat haben, aber beim Rest viel weniger Staat zulassen?
Was können wir von der Situation in Argentinien und Javier Milei lernen? Warum sind Preiskontrollen fast immer eine verheerende Idee?
Gleiten Top-Down organisierte, etatistische Systeme immer in Totalitarismus ab?
Was sind Interventionsspiralen, wie entstehen sie und wie kann man sie vermeiden?
Erleben wir eine Auflösung der regelbasierten globalen Ordnung und wie ist das zu bewerten, vor allem auch aus europäischer Perspektive? Werden wir vom Aufschwung, der aus Nationen wie den USA oder Argentinien kommt, überrollt; haben wir mit unserer Trägheit hier überhaupt noch eine Chance, mitzukommen?
Gibt es eine »Angst vor Groß« in Europa? Dafür aber dominieren Sendungsbewusstsein und Hochmut? Wie spielt diese Angst zusammen mit einer der aktuell größten technologischen Veränderungen, der künstlichen Intelligenz?
Haben wir es im politischen und bürokratischen Systemen mit einer Destillation der Inkompetenz zu tun? Oder liegt das Problem eher bei einer Politisierung der Justiz?
»Die künftige Konfliktlage ist zwischen Justiz und Parlament.«
Wer regiert eigentlich unsere Nationen? Politik oder »Deep State«? War der »Marsch durch die Institutionen« erfolgreich und hat unsere Nationen nachhaltig beschädigt?
Wer hat eigentlich den Anreiz, in die öffentliche Verwaltung zu gehen?
Braucht es die überschießende Rhetorik von Milei, um überhaupt eine Chance zu haben, den Stillstand zu beenden?
»By liberty, was meant protection against the tyranny of the political rulers.«, John Stuart Mill
Erleben wir eine Umkehrung der hart erkämpften Werte der Aktivisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts? Ist der Schutz von Politikern wichtiger als die freie Meinungsäußerung? Wo sind wir hingeraten?
Was bedeutet Liberalismus überhaupt und wie hat sich der Begriff verändert? Wie setzt sich der liberale Staat gegen seine Feinde zur Wehr? Aber wer entscheidet, wer der Feind ist Wie weit kann der Staat »neutral« bleiben, wie weit muss er Werte haben?
Von der Wiege bis zur Bahre, vom Staat bevormundet? Ist das dann zu viel? Oder wollen das viele wirklich?
»Die Schwierigkeit der Menschen, erwachsen zu werden, ist auch ein Wohlstandsphänomen. Der Wohlstand, den wir haben, führt auch zum ewigen Kind.«
Aber dazu kommt noch eine weitere Dimension:
»Auch die Hypermoral ist ja eine infantile Geschichte.«
Woher kommen eigentlich die großen Veränderungen im späten 20. und 21. Jahrhundert?
»Die neue Revolution ist nicht ausgegangen von der Arbeiterschaft, sondern von der administrativen Elite«, James Burnham
Schafft der administrative Staat immer neue Situationen, die immer neue Eingriffe notwendig machen und die eigene Macht verstärken? Werden also immer neue paternalistische Strukturen notwendig, um die Probleme zu »lösen«, die selbst zuvor verursacht wurden? Und diese Problemlösung erzeugt wieder neue Probleme, die … Ist das Lösen der Probleme im Sinne der Machtstruktur gar nicht wünschenswert?
Trifft dies nicht nur auf politische, sondern auch auf andere Organisationsstrukturen zu?
Was ist die »eisige Nacht der polaren Kälte« nach Max Weber? Kann man eine Bürokratie der Debürokratisierung und damit eine Multiplikation des Problems vermeiden? Lässt sich dieses Dilemma rational, vernünftig lösen oder stecken wir hier in der Pathologie der Rationalität fest?
Braucht es einen Clown, um den gordischen Knoten durchzuschlagen? Aber steckt in dieser Irrationalität nicht auch eine Gefahr? Welches unbekannte Know-how steckt — nach konservativer Logik — in den etablierten Strukturen?
Stehen wir vor der Wahl einer tödlichen Verfettung oder einer gefährlichen Operation? Was wählen wir?
Welches Hindernis stellt Statusdenken und Verhaften in Hierarchien dar? Signalisierung vor Bedeutung?
Hilft das Denken von Foucault, um diese Problemlagen besser zu verstehen?
»Academia has a tendency, when unchecked (from lack of skin in the game), to evolve into a ritualistic self-referential publishing game.«, Nassim Taleb
Spielen wir in der Wissenschaft Cargo-Kult im 21. Jahrhundert?
»Wenn man nur die richtigen Wörter sagt [passend zum jeweiligen Kult], dann ist es schon wahr.«
Und der Cargo-Kult applaudiert.
»Status können wir in Europa. Und Status ist per definitionem Abwendung von Realität.«
Wie gehen wir in die Zukunft?
»Ich bin für den Einzelnen optimistisch, fürs Kollektiv weniger.«
Referenzen
Andere Episoden
-
Episode 111: Macht. Ein Gespräch mit Christine Bauer-Jelinek
-
Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
-
Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
-
Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
-
Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
-
Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert
-
Episode 95: Geopolitik und Militär, ein Gespräch mit Brigadier Prof. Walter Feichtinger
-
Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
-
Episode 77: Freie Privatstädte, ein Gespräch mit Dr. Titus Gebel
-
Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
Christoph Kletzer
Fachliche Referenzen
- Stafford Beer, The Heart of Enterprise, Wiley (1979)
- Thomas Sowell, intellectuals and Society, Basic Books (2010)
- Friedrich von Hayek, The Road to Serfdom, Routledge (1944)
- John Stuart Mill, On Liberty (1859)
- David Graeber, The Dawn of Everything, A New History of Humanity, Farrar, Strauss and Giroux (2021)
- Max Weber, Politik als Beruf (1919)
- Nassim Taleb, Skin in the Game, Penguin (2018)
- Steven Brindle, Brunel: The Man Who Built the World, W&N (2006)

Tuesday Jan 07, 2025
115 — Fragen über Fragen
Tuesday Jan 07, 2025
Tuesday Jan 07, 2025
Jahresrückblicke finde ich eher langweilig; jeder weiß, was im letzten Jahr passiert ist. Für mich ist es viel spannender zu reflektieren, was wir aus dem vergangenen Jahr lernen können. Welche Irrtümer haben wir gemacht, welche eigenen Ideen wurden in Frage gestellt? Welche neuen Fragen stellen sich und welche werden entscheidend für das kommende Jahr sein? Fragen scheinen mir konstruktiver zu sein als Antworten, da sie das Denken leiten und zu Diskussionen und Widersprüchen einladen, ohne die Antworten vorwegzunehmen.
Diese Episode widmet sich genau diesen Fragen und Themen, die besonders in den Episoden des letzten Jahres diskutiert wurden. Beginnen wir mit den »Strukturen des Versagens«. Nach Rory Sutherland kann das Gegenteil von gut ebenfalls gut sein. Das Gegenteil von schlecht hingegen ist oft noch schlechter. Die »Contrarian« Position ist keine stabile Basis zur Wahrheitsfindung. Nur durch ehrliche Auseinandersetzung und stetigen kritischen Diskurs können wir der Wahrheit näherkommen. Wir können die Realität ignorieren, aber nicht die Folgen dieses Ignorierens – ein Phänomen, das in den nächsten Jahren in Europa besonders bitter werden könnte, wenn wir weiterhin politisches oder aktivistisches Wunschdenken über die Realität stellen.
Ein weiteres Thema ist, was die Legacy-Medien ersetzen wird. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass traditionelle Medien an journalistischem Wert und Bedeutung verloren haben. Die US-Wahlen wurden durch Podcasts und soziale Medien beeinflusst, und in Europa könnten ähnliche Überraschungen folgen. Aber was sollte diese Systeme ersetzen?
Weiters haben wir diskutiert, ob mehr Wissenschaftler wirklich zu besserer Wissenschaft führen. Es gibt Anzeichen für Marktverzerrungen in der Wissenschaft, was zu kurzfristigen Zielen und Stagnation führt. Wie sollte Wissenschaftsförderung stattfinden, zumal der aktuelle Zustand nicht zufriedenstellend ist?
Komplexität und Resilienz sind ein weiteres Thema. Der Irrglaube, dass komplex gleich fragil ist, wird von der Natur widerlegt, die komplex und zugleich, oder gerade deshalb (?) resilient ist. Menschliche Systeme hingegen scheinen oft durch Komplexität fragil zu werden. Welche Faktoren machen ein komplexes System resilient oder fragil?
Ein weiterer Punkt ist das Konzept von Skin in the Game gegenüber Risikovermeidung. Gesellschaften brauchen Menschen, die kluge Risiken eingehen — Unternehmer, Innovatoren, Wissenschaftler. Doch wie kann man Risikobereitschaft fördern, wenn diese Risiken das eigene Leben zerstören können?
Schließlich diskutieren wir den Liberalismus, die Freiheit und die Organisation komplexer Gesellschaften. Zentrale Lösungen für komplexe Probleme scheitern erwartungsgemäß. Kann und sollte man dysfunktionale Systeme reformieren oder ist ein Neuanfang nötig?
Wie erwachsen sind Erwachsene wirklich und wie viel Selbstverantwortung kann man von ihnen in einer komplexen Gesellschaft erwarten?
Schreiben Sie mir Ihre Gedanken dazu – Diskussion und Widerspruch sind herzlich willkommen.
In diesen Shownotes gibt es keine Referenzen. Sie beziehen sich auf die Episoden des letzten Jahres.

Wednesday Dec 04, 2024
112 — Nullius in Verba — oder: Der Müll der Wissenschaft
Wednesday Dec 04, 2024
Wednesday Dec 04, 2024
Heute wieder eine Episode in der ich kurz über eine Thema der Wissenschaftspraxis reflektieren möchte, den meisten Zuhörern wahrscheinlich nicht klar ist, dessen Konsequenzen sich auch mir noch nicht völlig erschließen, ich freue mich also auf Emails und Kommentare. Das Thema ist wenig erbaulich, ist aber ein Puzzlestein, der gut in das Bild passt, das wir in einigen früheren Episoden schon angesprochen haben.
Die Qualität des wissenschaftlichen Publikationswesens scheint sich im Sturzflug zu befinden und dies seit vielen Jahren. Die deutsche Physikerin Sabine Hossenfeldern sagt leicht polemisch:
»Scientific Process is slowing down and most of what gets published in academia is now bullshit.«
Was erleben wir in den letzten Jahrzehnten und warum hat mich eine persönliche Beobachtung zu dieser Episode gebracht?
Warum ist das Motto der 1660 gegründeten Royal Society heute aktueller als je zuvor.
»Nullius in Verba«
Referenzen
Andere Episoden
-
Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
-
Episode 104: Aus Quantität wird Qualität
-
Episode 91: Die Heidi-Klum-Universität, ein Gespräch mit Prof. Ehrmann und Prof. Sommer
-
Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith Curry
-
Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
-
Episode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica Thompson
-
Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
-
Episode 68: Modelle und Realität, ein Gespräch mit Dr. Andreas Windisch
-
Episode 47: Große Worte
-
Episode 41: Intellektuelle Bescheidenheit: Was wir von Bertrand Russel und der Eugenik lernen können
-
Episode 39: Follow the Science?
Fachliche Referenzen
- Report of the Investigation Committee on the Possibility of Scientific Misconduct in the Work of Hendrik Schön And Coauthors
- Publikationen von Jan Hendrik Schön (Google Scholar)
- John Ioannidis, Das Gewissen der Wissenschaft, Ö1 Dimensionen (2024)
- John Ioannidis, The scientists who publish a paper every five days, Nature Comment (2018)
- John P. A. Ioannidis, Why Most Published Research Findings Are False (2005)
- Jesse Singal, Quick Fix, Picador (2022)
- Erica Thompson, Escape from Model Land, Basic Books (2022)
- Sabine Hossenfelder, Lost in Math: How Beauty Leads Physics Astray (2020)
- Beall's List
- Jeffrey Beall
- Sabine Hossenfelder, Science is in trouble and it worries me (2024)

Monday Nov 18, 2024
111 — Macht. Ein Gespräch mit Christine Bauer-Jelinek
Monday Nov 18, 2024
Monday Nov 18, 2024
Ich freue mich ganz besonders, dass sich Frau Christine Bauer-Jelinek Zeit für ein Gespräch genommen hat, denn das Thema dieser Episode ist Macht.
Frau Bauer-Jelinek ist Wirtschaftscoach, renommierte Autorin, Keynote Speaker für Macht-Kompetenz sowie Vortragende bei »Zukunft Frauen«, einem Programm der Wirtschaftskammer Österreich für Frauen in Top-Positionen. Sie war Psychotherapeutin und u.a. Gastdozentin an der Donau-Universität Krems für »Macht und Mikropolitik in Organisationen«. Durch ihre Sachbücher wurde sie als Expertin für Mechanismen der Macht und deren Gender-Aspekte sowie für Trends der gesellschaftlichen Entwicklung bekannt.
Photo: Thomas Backmann
Wir beginnen das Gespräch mit der Frage, wie sie als Psychotherapeutin zum Thema Macht gekommen ist. Gab es in den 70er- und 80er-Jahren eine Veränderung der Sprache, hin zu einer »Entmilitarisierung«? Denken wir etwa an Jürgen Habermas und die damals modische Idee des »gewaltfreien Diskurses« oder die gewaltfreie Erziehung bis zu »Laissez-faire« der 1970er Jahre. Gab beziehungsweise gibt es ein Tabu zum Thema Macht?
»Das ist wie Sex in den 50er Jahren. Jeder macht es, aber keiner weiß, wie es geht und keiner hat Worte dafür.«
Frau Bauer-Jelinek sucht nach praktischen Ansätzen und Tools und schreibt ihr erstes Buch zum Thema im Jahr 2000. Aber wie ist Macht definiert? Wo kommt Macht zu tragen? Wer kann Macht besitzen und was ist strukturelle Macht? Existiert besonders in Deutschland und Österreich ein Macht-Tabu, das in dieser Form in anderen Nationen weniger zu beobachten ist?
»Nach Max Weber ist Macht das Vermögen einen Willen gegen einen Widerstand durchzusetzen, gleich mit welchen Mitteln. Dies ist allerdings gleich die maximale Eskalationsstufe.«
Gibt es hier Abstufungen? Gibt es friedliche Formen der Macht? Rhetorik, Verhandlungstechnik usw.
Was ist von der Veränderung der Anrede vom »Sie« zum »Du« im Unternehmen und in der Öffentlichkeit zu halten? Ist diese Ikeaisierung hilfreich, ein rein kulturelles Phänomen oder auch eine Veränderung (oder gar Verschleierung) von Machtverhältnissen?
»Der Diskurs mag herrschaftsfrei geheißen haben, aber er war natürlich nicht herrschaftsfrei.«
Was sind Dominanzgesten und wie verändern sich diese über die Zeit und (Sub)kulturen? Was ist der Zusammenhang zwischen Macht und Freiheit?
Welche Quellen der Macht kann man identifizieren?
- Macht der Materie
- Macht der Herkunft
- Macht der Mehrheit
- Macht des Wissens
- Macht der Gefühle
- Macht der Funktion
- Macht der Kontakte
- Macht der Überzeugung
Welche Rollen spielen Wissen, Expertise und Kompetenz? Wie ist das Verhältnis zwischen (Legacy-) Medien und Macht — was wird vermittelt und vor allem auch: Was wird nicht thematisiert? Wer beschließt beispielsweise, was »Fake News« sind.
»Wissenschaft ist das einzige Wort, das sich ins Gegenteil verkehrt, wenn man den Artikel davorsetzt. — Die Wissenschaft zu vereinnahmen, ist ein Machtinstrument«
Denn Wissenschaft funktioniert nicht demokratisch.
Wie viel ist Erfahrung wert und verändert Macht den Charakter?
»Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, dann gib ihm Macht.«, Abraham Lincoln
Oder bringt Macht den Charakter erst richtig hervor?
»Wenn man keinen Koffer mit Geld angeboten bekommt, kann man leicht tugendhaft sein.«
Haben Spitzenmanager psychopathische oder narzisstische Neigungen? Ist das ein Selektionsmechanismus? Wo steckt die Macht im Unternehmen und ist es überhaupt einfach zu erkennen, was das Ziel einer Organisation ist?
»Oben ist weniger Macht als Unten […] Viele, die über die gläserne Decke kommen, sehen dann erst, dass sie das gar nicht wollen. […] Besonders Frauen tun sich das dann oft nicht an, weil sie oft noch nicht so Status-orientiert sind.«
Muss Beruf Berufung sein, oder kann man seine Werte auch woanders ausleben? Aber kann man in der heutigen Arbeitswelt überhaupt zwischen Arbeit und Freizeit trennen? Liegt in dieser Vermischung nicht auch ein Machtinstrument?
Was ist die Elite und wer hat überhaupt Chance in die Elite aufzusteigen? Welche Rolle spielt formale Bildung — ist diese gar hauptsächlich Signalisierung?
»Die Insignien der Macht sind branchenabhängig.«
Was ist die Rolle der Religion und wie hat sich dies über die Jahre verändert? Ist Religion ein heute relevanter Schauplatz der Macht? Wie verhält es sich mit pseudo-/parareligiösen Strömungen, etwa in Form von radikalem Aktivismus?
Was ist die magische Auswahl? Die »unsichtbare« Form der Propaganda in »liberalen« Gesellschaften?
»You have to create a bubble of sanity« — ist das möglich, oder muss man im Unternehmen immer wachsam bleiben und eine »Rüstung« anziehen?
Was ist die Rolle von Familie und Freunden (und damit sind nicht Facebook-Freunde gemeint) und warum man Machttechniken des Berufes keinesfalls zuhause anwenden sollte?
Referenzen
Andere Episoden
-
Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
-
Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
-
Episode 101: Live im MQ, Macht und Ohnmacht in der Wissensgesellschaft. Ein Gespräch mit John G. Haas.
-
Episode 98: Ist Gott tot? Ein philosophisches Gespräch mit Jan Juhani Steinmann
-
Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
-
Episode 74: Apocalype Always
-
Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
-
Episode 38: Eliten, ein Gespräch mit Prof. Michael Hartmann
-
Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!
Christine Bauer-Jelinek
- Homepage von Christine Bauer-Jelinek
- Vortragserie »Alles über Macht« YouTube
- Machtwort. Angst, Wut und Ohnmacht überwinden, Carl Ueberreuter (2016)
- Der falsche Feind – Schuld sind nicht die Männer, ecoWing (2012)
- Die helle und die dunkle Seite der Macht – Wie Sie Ihre Ziele durchsetzen, ohne Ihre Werte zu verraten, ecoWing (2020)
- Die geheimen Spielregeln der Macht – und die Illusionen der Gutmenschen, ecoWing (2020)
Fachliche Referenzen
- Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns. (1981)
- Bryan Caplan, The Case against Education, Princeton University Press (2019)
- Robert Greene, The 48 Laws Of Power, Profile Books (2000)

Tuesday Oct 08, 2024
109 — Was ist Komplexität? Ein Gespräch mit Dr. Marco Wehr
Tuesday Oct 08, 2024
Tuesday Oct 08, 2024
Eifrige Hörer des Podcasts werden bemerken, dass es bereits eine Episode zum Thema gab, nämlich Episode 10 mit dem Titel »Komplizierte Komplexität« aus dem Jahr 2019. Es lohnt sich auch, diese nochmals nachzuhören, aber nach fünf Jahren ist es an der Zeit, hier ein Update zu machen. Ganz besonders auch deshalb, weil ich wieder einen hervorragenden Gesprächspartner zum Thema virtuell einladen durfte, Dr. Marco Wehr.
Dr. Marco Wehr ist Physiker und promovierter Wissenschaftstheoretiker. Als vielfach ausgezeichneter Autor und Redner beschäftigt er sich mit Fragen der Vorhersehbarkeit, der Rolle des Körpers für das Denken und der Beziehung von Gehirn und Computer. Marco Wehr ist Gründer und Leiter des Philosophischen Labors in Tübingen. Sein neues Buch »Komplexe neue Welt« ist natürlich eine der Grundlagen für dieses Gespräch. Es ist unlängst zum Wissensbuch des Jahres 2024 vorgeschlagen worden. Link zum Buch natürlich wie immer in den Shownotes.
Marco beschäftigt sich auch mit der Frage der Modellierung, und sein aktuelles Vortrags-Format für 2025 heißt folgerichtig: »Die Macht mathematischer Modelle«.
Wir beginnen mit der Frage, was der Unterschied zwischen komplexen und komplizierten Systemen oder Fragestellungen ist, zumal diese beiden Begriffe umgangssprachlich oft synonym verwendet werden. Was kann man in dieser Hinsicht von Mandelbrot-Fraktalen lernen?
Welche Systeme der Welt sind irreduzibel?
“Can one predict what will happen? No, there’s what I call computational irreducibility: in effect the passage of time corresponds to an irreducible computation that we have to run to know how it will turn out.”, Stephen Wolfram
Wie kann man feststellen, ob man ein kompliziertes oder komplexes Problem vor sich hat? Was sind »Inseln der Propheten«? Gibt es eine kognitive Täuschung in den Naturwissenschaften? Der US-amerikanische Wissenschaftsforscher John Ioannidis hält Menschen (und besonders auch Wissenschafter), die glauben, zu viel zu wissen, für eine große Gefahr. Schon der bedeutende Philosoph des 20. Jahrhunderts, Karl Popper, hat dies sehr deutlich ausgedrückt:
»Jeder Intellektuelle hat eine ganz spezielle Verantwortung. Er hat das Privileg und die Gelegenheit, zu studieren. Dafür schuldet er es seinen Mitmenschen (oder der Gesellschaft), die Erkenntnisse seines Studiums in der einfachsten und klarsten und bescheidensten Form darzustellen. Das Schlimmste – eine Sünde gegen den heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen es versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann.«
Dann sprechen wir über den Laplacesche Dämon und was man von ihm über die Welt und die Entstehung der Wahrscheinlichkeitsrechnung lernen kann?
Wie hat Urbain Le Verrier den Neptun vorhergesagt?
»Ich möchte, dass man das, was man weiß, und das, was man nicht weiß, deutlich voneinander unterscheidet.«
Wie erkennt man einen Experten und wer repräsentiert Wissenschaft?
Was sind Rückkopplung und Resonanz und warum ist es so entscheidend, diese Phänomene in komplexen Systemen zu verstehen? Wo sind die Grenzen eines Modells? Gibt es eine saubere Trennung zwischen Beobachter und Modell? Was sind Signaturen komplexer oder chaotischer Systeme?
Begehen wir in der heutigen wissenschaftlichen Praxis zu häufig den Fehler »im Licht zu suchen«, statt dort, wo es sinnvoll wäre — besonders in den Bereichen, die man im weiteren Sinne als Data-Science bezeichnet? Man kann versuchen, die Welt zu verstehen, oder die lösbaren Probleme der Welt herauszupicken und daraus falsche Schlüsse über die Welt zu ziehen.
Was ist die stoische Landkarte, wie kann und diese weiterhelfen?
Hypothese ist immer vor der Empirie und damit bekommen begründete Vorannahmen eine wichtige Rolle im wissenschaftlichen Prozess.
Dazu kommt, dass es nie nur ein Modell gibt, das zu bestimmten Daten »passt«, dies wird auch als Duhem-Quine Hypothese bezeichnet.
Was bedeutet dies am Beispiel der Klimamodellierung oder Wirtschaftsmodellen? Kann man die Inseln des Wissens von den Inseln des Unwissens unterscheiden? Welche Rolle spielen Vulkane und andere Naturkatastrophen?
Warum ist die Energiewende in Deutschland schiefgegangen?
»Am deutschen Wesen soll die Welt genesen...«
Die Welt lernt in der Tat von Deutschland, aber wohl eher am Versagen Deutschlands. Das mag gut für die Welt sein, ist aber schlecht für Deutschland. Wie ist das dazu gekommen? Was sind »intellektuelle Insulaner«?
Was sind Komplexitätsfallen – natürliche vs. künstliche — heute haben wir es mit beiden zu tun und einer Mischung/Interaktion von beiden? Noch kritischer sind hybride Komplexitätsfallen oder Komplexitätsmonster — wie kommen diese zustande?
Was versteht man unter emergenten Effekten?
Was sind existenzielle Risiken, und warum ist ein Fokus auf »Klima« kontraproduktiv — Carrington-Event als Beispiel.
“There are no solutions, only tradeoffs”, Thomas Sowell
Wie gehen wir als Individuen mit radikaler Unsicherheit in komplexen Systemen um?
»We control nothing, but we influence everything«, Brian Klaas
Was ist die richtige Balance zwischen Sicherheit und Unsicherheit? Ist diese erreichbar?
»Die meisten Menschen wollen nicht in einer total vorhersagbaren Welt leben, auch wenn sie das behaupten.«
Wie kommen wir als Gesellschaft wieder aus den zahlreichen schweren Problemen heraus, in denen wir uns in den letzten Jahren verstrickt haben? Offene Diskussion scheint das wesentlichste zu sein. Kontroverse steht im Zentrum von Wissenschaft und daraus folgt offener und kritischer gesellschaftlicher Diskurs.
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
-
Episode 106: Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
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Episode 99: Entkopplung, Kopplung, Rückkopplung
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Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert
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Episode 94: Systemisches Denken und gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Gespräch mit Herbert Saurugg
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Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 86: Climate Uncertainty and Risk, a conversation with Dr. Judith Curry
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Episode 85: Naturalismus — was weiß Wissenschaft?
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Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
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Episode 79: Escape from Model Land, a Conversation with Dr. Erica Thompson
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Episode 76: Existentielle Risiken
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Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 69: Complexity in Software
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Episode 68: Modelle und Realität, ein Gespräch mit Dr. Andreas Windisch
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Episode 36: Energiewende und Kernkraft, ein Gespräch mit Anna Veronika Wendland
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Episode 10: Komplizierte Komplexität
Dr. Marco Wehr
- Marco Wehr auf LinkedIn
- Philosophisches Labor in Tübingen
- Marco Wehr, Komplexe neue Welt und wie wir lernen, damit klarzukommen, Galiani Berlin (2024)
Fachliche Referenzen
- Steven Wolfram, How to Think Computationally about AI, the Universe and Everything (2023)
- Daphne Hruby, John Ioannidis: Das Gewissen der Wissenschaft, Ö1 Dimensionen (2024)
- Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt (1987)
- Underdetermination of Scientific Theory, Stanford Encyclopedia of Philosophy (2023)
- Franz Josef Radermacher, Global Energy Solutions
- Thomas Sowell, A Conflict of Visions: Ideological Origins of Political Struggles (1987)
- Brian Klaas, Fluke: Chance, Chaos, and Why Everything We Do Matters, John Murray (2024)

Tuesday Sep 24, 2024
108 — Freie Privatstädte Teil 2, ein Gespräch mit Titus Gebel
Tuesday Sep 24, 2024
Tuesday Sep 24, 2024
In einer Zeit, in der wir überall das Versagen etablierter Strukturen erleben, scheint es mir umso wichtiger zu sein, über neue Ideen nachzudenken und — im Rückgriff auf die letzte Episode mit Johan Norberg — viel offener und experimentierfreudiger zu sein. Mit »mehr vom selben« werden wir diese tiefe Krise, die Europa erfasst hat, nicht bewältigen können.
Eine solche Idee, die international stetig an Zuspruch gewinnt, ist das Thema der heutigen Episode: Freie Privatstädte, Teil 2. Im Gespräch wieder Titus Gebel. Denn es gab vor über einem Jahr die erste Episode zu diesem Thema (Episode 77). Ich habe viel Feedback und Nachfragen zu der ersten Episode bekommen, daher freue ich mich darauf dieses spannende Thema nochmals aufgreifen zu können und neue Entwicklungen mit Dr. Gebel zu sprechen.
Titus Gebel ist ein promovierter Völkerrechtler und Unternehmer mit einem weltweiten Netzwerk. Unter anderem war er Mitgründer und langjähriger CEO der an der Frankfurter Börse notierten Deutsche Rohstoff AG. Heute ist Titus Gebel der CEO von Tipolis, einem Singapurer Unternehmen, das neue Modelle des Zusammenlebens durch innovative Regierungskonzepte entwickelt. Er ist Autor des Buches "Freie Privatstädte – Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt", in dem er den Rahmen für die Gründung autonomer, privat verwalteter Rechtsräume darlegt.
Dr. Gebel spielte eine wichtige Rolle bei der Gründung der bisher fortschrittlichsten Sonderzone, Próspera in Honduras. Er berät auch andere Länder bei der Innovation von Sonderwirtschaftszonen und ist Präsident der Free Cities Foundation, welche weltweit die Entwicklung von freien Städten fördert.
Es hat noch einen weiteren Grund, warum diese Episode gerade jetzt aufgenommen wird. Einmal im Jahr findet die Liberty in our Lifetime Konferenz in Prag statt, dieses Jahr vom 1. - 3. Nov. Eine Konferenz, die sich mit dem Thema Freie Privatstädte beschäftigt und Interessenten aus der ganzen Welt anlockt. Ich werde an dieser Konferenz teilnehmen und auch versuchen, ein wenig von der Stimmung und von den Themen, die dort diskutiert werden, mitzunehmen und daraus eine Podcast-Episode zu machen.
Daher können wir diese Episode auch als Einstimmung verstehen.
Wir beginnen mit einem »Elevator Pitch«, in der Dr. Gebel das Konzept der freien Privatstädte kurz vorstellt. Regierung als Dienstleistung — was sind diese Dienstleistungen, was sind die Kosten? Was sind wesentliche Probleme in der öffentlichen Verwaltung?
- Was ist das Principal Agent Problem?
- Was ist die Public Choice Problematik?
- Wie gehen wir mit Regeländerungen um?
Ist der Bürger zunehmend machtlos in den heutigen westlichen Nationen? Was ist die Idee des klassisch liberalen Minimalstaats, kann das funktionieren? Warum sollte das wünschenswert sein? Ist das vielleicht überhaupt eine unerhörte Idee?
Es stellt sich die elementare Frage, worum sich der Staat kümmern soll, genauer gesagt, wozu er überhaupt die Kompetenz hat, sich zu kümmern. Wollen wir in Deutschland den »Übervater Staat«? Fallen wir gar in voraufklärerische Zeiten zurück?
Mit welchen Makrotrends oder großen Fragen, die heute zum Glück langsam wieder thematisiert werden, überschneiden sich diese Konzepte? Konzepte von Freiheit, Verhältnis Bürger / Staat; wer muss sich vor wem rechtfertigen? Wie sind Unterschiede im Blickwinkel auf diese Fragen zwischen den USA und Europa?
Welche Probleme kann man zentralisieren und welche muss man dezentral lösen oder jedenfalls angehen? Kann Planwirtschaft, auch wenn sie in der Vergangenheit immer gescheitert ist, in der Zukunft dennoch erfolgreich sein, z. B. durch die Nutzung von »künstlicher Intelligenz«? Zieht jede Zentralisierung immer mehr Macht an sich? Aus Konzentration von Macht folgt keineswegs eine Konzentration von Wissen.
Wie groß ist der Unterschied zwischen common law/case law gegenüber civil law in der »Philosophie« und in der Praxis?
Sind die FPS nur eine »Meta-Idee«, die verschiedenste Ausprägungen erlauben? Sind in Wahrheit Experiment und Wettbewerb eines der führenden Prinzipien? Ist das aktuelle System reformierbar?
»Der Staat soll nur Schiedsrichter sein und nicht mitspielen«
Warum gibt es so viel Gegenwind gegen neue und unkonventionelle Ideen?
»Wenn ich fremde Produkte verbieten muss, aus Angst, dass sie meine besten Leute abziehen, dann ist mit mir etwas nicht in Ordnung.«
Wie ist der Umgang der früheren Leitmedien mit solchen neuen Vorschlägen?
»Die Idee, dass die Menschen ihre Probleme selber lösen, ist nicht verbreitet.«
Unter welchen Rahmenbedingungen funktioniert Demokratie überhaupt? Glauben die heutigen »Progressiven« überhaupt noch an die Demokratie, die sie angeblich ständig verteidigen müssen? Wird gerade die Majestätsbeleidigung wieder eingeführt?
Was sollten wir über Skalierung wissen? Ist die Stadt möglicherweise die beste politisch/organisatorische Größe?
Wie unterscheiden sich die unterschiedlichen Konzepte, von der Sonderwirtschaftszone bis zur Freien Privatstadt? Was ist Seasteading — am Beispiel von Ocean Builders?
Was macht Tipolis als Unternehmen, und wie geht es dem Vorzeigeprojekt Próspera?
Sind diese Konzepte möglicherweise geeignet, um zu helfen, Afrika aus der Armut zu führen, nachdem die Ansätze der letzten Jahrzehnte keine wesentliche Verbesserung gebracht haben?
Was können wir von Javier Milei in Argentinien erwarten? Symptom oder Zeitenwende?
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 77: Freie Privatstädte, ein Gespräch mit Dr. Titus Gebel
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Episode 107: How to Organise Complex Societies? A Conversation with Johan Norberg
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Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
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Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert
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Episode 93: Covid. Die unerklärliche Stille nach dem Sturm. Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
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Episode 82: Smart Communities, ein Gespräch mit Ulrich Ahle
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Episode 73: Ökorealismus, ein Gespräch mit Björn Peters
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Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 65: Getting Nothing Done — Teil 2
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Episode 64: Getting Nothing Done — Teil 1
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Episode 58: Verwaltung und staatliche Strukturen — ein Gespräch mit Veronika Lévesque
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Episode 26: Was kann Politik (noch) leisten? Ein Gespräch mit Christoph Chorherr
Dr. Titus Gebel
- Homepage Dr. Titus Gebel
- Tipolis
- Free Cities Foundation
- Liberty in our Lifetime Conference, 1. - 3.Nov. 2024
Andere Referenzen
- Titus Gebel, Freie Privatstädte – Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt (2023)
- Próspera, Honduras
- Ocean Builders

Tuesday Aug 27, 2024
106 — Wissenschaft als Ersatzreligion? Ein Gespräch mit Manfred Glauninger
Tuesday Aug 27, 2024
Tuesday Aug 27, 2024
Das heutige Gespräch führe ich mit Dr. Manfred Glauninger. Er ist Soziolinguist und forscht am Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und lehrt am Institut für Germanistik der Universität Wien.
Dieses Gespräch war für mich ganz besonders interessant und auch unterhaltsam, weil wir eine ganze Reihe von Dingen miteinander verbunden haben, die schon in früheren Episoden erwähnt wurden.
Was ist Wissenssoziologie, warum muss Wissenschaft auch als soziales Phänomen verstanden werden? Ist es gefährlich oder notwendig, Wissenschaft zu entmystifizieren und auch hart zu kritisieren? Wirkt Wissenschaft in manchen Bereichen unserer Gesellschaft gar als Ersatzreligion? Was sind die Auswirkungen davon?
Was lernen wir aus den schweren Krisen der letzten 20 Jahren und dem regelmäßigen Versagen von Institutionen über die Rolle der Wissenschaft?
Wie läuft die Produktion von Wissen ab? Welche »magischen« Mechanismen gibt es hier, oder verhält es sich letztlich ähnlich wie die Produktion zahlreicher anderer Güter? Was hat es mit Fehlern und Inkompetenz auf sich? Gibt es unterschiedliche Arten von Fehlern?
Gibt es eine frühe »Prägung« des Nachwuchses in der Wissenschaft, gepaart mit starken Hierarchien und Gerontokratie? Welche Rolle spielt Wettbewerb gegenüber Kooperation in der Wissenschaft? Richten wir die Wissenschaft zu sehr nach marktwirtschaftlichen Prinzipien aus, oder besser gesagt: spielt die Wissenschaft Marktwirtschaft, weil weder die Akteure dafür die Kompetenz haben, noch das Modell passt?
In einigen anderen Folgen wurde das Thema Stagnation schon angesprochen, auch hier stellen wir die Frage: Verdoppelt sich das Wissen oder eher Rauschen regelmäßig? Eine in diesem Zusammenhang für die Gesellschaft sehr relevante Frage ist, welchen Beitrag die immer größere Zahl an wissenschaftlich ausgebildeten Menschen tatsächlich für unsere Gesellschaft leisten? Welche Rolle spielt eben diese wissenschaftliche Ausbildung dabei? Bringt die universitäre Ausbildung tatsächlich signifikante Gewinne für unsere Gesellschaft oder dominiert Signalisierung über Substanz? Der US-amerikanische Ökonom, dessen Name mir in der Episode nicht eingefallen war, ist Bryan Kaplan, der selbst an der George Mason Eliteuniversität forscht und unterrichtet.
»My best guess says signaling accounts for 80% of education’s return”«, Bryan Kaplan
Die Idee der Signalisierung und sollte mit der schon genannten der Frage nach der Qualität der Bildung in unseren Institutionen verknüpft werden, besonders hinsichtlich der nur verbleibenden 20% :
»Teachers’ plea that “we’re mediocre at teaching what we measure, but great at teaching what we don’t measure” is comically convenient.«, Bryan Kaplan
Auch zwischen den Studienrichtungen gibt es Unterschiede. Gilt die Geisteswissenschaft immer häufiger als Notnagel für diejenigen, die schwierigere Studien nicht schaffen? In einer früheren Episode hat bereits Prof. Michael Sommer ähnliche Aussagen getätigt.
“The excentric university professor is a species that is going to be extinct fast. […] The bad currency is driving out the good and in effect where the people who are nimble in the art of writing for grants are displacing the idiosyncratic thinkers who are generally much less nimble at that sort of activity.”, Peter Thiel
Peter Thiel bietet sogar ein Stipendium für diejenigen an, die »Dinge bauen wollen, anstatt im Klassenzimmer zu sitzen.«
Damit stellt sich eine noch grundlegendere Frage: Stellen viele Fächer so etwas wie eine institutionelle Autopoiesis dar, ist es also Wissenschaft als selbstreferenzielle Legitimation ihrer eigenen Institutionen, weil sie keinen direkt erkennbaren Nutzen haben? Aber die Frage kann auch umgedreht werden: Was richtet Institutionalisierung mit Wissenschaft an?
Als »Berufsdenker« sollte auch die Selbstreflexion hoch im Kurs stehen, warum hört man dann so wenig davon in der Öffentlichkeit, im Besonderen nach großen Krisen?
Wie kann das Zusammenspiel zwischen Politik und Wissenschaft beschrieben werden? Kann Wissenschaft tatsächlich nur in Demokratien das volle Potenzial ausspielen?
»Macht ist ein wichtiger Punkt in der Wissenschaft.«
Was können wir hier aus der Vergangenheit lernen, etwa der Wissenschaft während der Nazi-Diktatur in Deutschland und Österreich?
»Lawyers and doctors, all credentialed with university degrees, were substantially overrepresented within the NSDAP, as were university students (then a far narrower section of society than today)«, Niall Ferguson
Benötigen wir überhaupt so viele Akademiker in unserer Gesellschaft? Der deutsche Philosoph Julian Nida-Rümelin spricht vom Akademisierungswahn. Der damalige britische Premierminister Rishi Sunak warnt, dass zu vielen Universitätsstudenten ein falscher Traum verkauft werde. Auch Thomas Sowell kritisiert die eindimensionale Betrachtung des Wissensbegriffs:
»Someone who is considered to be a “knowledgeable” person usually has a special kind of knowledge—perhaps academic or other kinds of knowledge not widely found in the population at large. Someone who has even more knowledge of more mundane things—plumbing, carpentry, or automobile transmissions, for example—is less likely to be called “knowledgeable” by those intellectuals for whom what they don’t know isn’t knowledge. Although the special kind of knowledge associated with intellectuals is usually valued more, and those who have such knowledge are usually accorded more prestige, it is by no means certain that the kind of knowledge mastered by intellectuals is necessarily more consequential in its effects in the real world.«, Thomas Sowell
Absolventen von Universitäten müssen aber auch als Denkkollektiv gesehen werden. Ist dies aber ein Kollektiv, wo Diversität nur auf der Verpackung steht?
Wer ist überhaupt Innovator in unseren modernen Gesellschaften?
»But just as most engineers are not inventors, and most scientists are not researchers, so most science is not research. […] The university was keeping up with a changing technological world rather than creating it.«, David Edgerton
Was hat es also mit Kreativität im Wissenschaftsbetrieb, im Kollektiv zu tun?
Hat zumindest eine kleine Minderheit noch die Chance, sich einen Freiraum zu schaffen, den die Institution (noch) nicht erkannt und durch Prozesse und Regeln ausradiert hat.
Zuletzt kehren wir zur Frage zurück, wie Krise und Expertise zusammenwirken. Was sind die zwei wichtigsten Aussagen, die Sie von jedem Experten hören sollten, aber selten hören? Dr. Glauninger wird es am Ende der Episode enthüllen.
“Evidence based policy has become policy based evidence.”, Mervyn King
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 101: Live im MQ, Macht und Ohnmacht in der Wissensgesellschaft. Ein Gespräch mit John G. Haas.
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Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert
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Episode 93: Covid. Die unerklärliche Stille nach dem Sturm. Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
-
Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
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Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion Teil 1
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Episode 91: Die Heidi-Klum-Universität, ein Gespräch mit Prof. Ehrmann und Prof. Sommer
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Episode 85: Naturalismus — was weiß Wissenschaft?
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Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 83: Robert Merton — Was ist Wissenschaft?
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Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 71: Stagnation oder Fortschritt — eine Reflexion an der Geschichte eines Lebens
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Episode 44: Was ist Fortschritt? Ein Gespräch mit Philipp Blom
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Episode 41: Intellektuelle Bescheidenheit: Was wir von Bertrand Russel und der Eugenik lernen können
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Episode 39: Follow the Science?
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Episode 38: Eliten, ein Gespräch mit Prof. Michael Hartmann
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Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!
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Episode 18: Gespräch mit Andreas Windisch: Physik, Fortschritt oder Stagnation
Dr. Manfred Glauninger
Fachliche Referenzen
- John P. A. Ioannidis, Why Most Published Findings Are False (2005)
- Sabine Kleinert, Richard Horton, How should medical science change? Lancet Comment (2014)
- Ludwig Fleck, Genesis and development of a scientific fact. ed. T.J. Trenn and R.K. Merton, foreword by Thomas Kuhn. Chicago : University of Chicago Press, 1979. This is the first English translation of his 1935 book titled Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollectiv. Basel: Schwabe und Co
- Bryan Kaplan, The Case against Education, Princeton University Press (2018)
- Conversation between Peter Thiel und David Graeber, Where did the Future go? (2020)
- Peter Thiel Fellowship
- Niall Ferguson, The Treason of the Intellectuals, The Free Press (2023)
- Niall Ferguson, The Treason of the Intellectuals, Uncommon Knowledge with Peter Robinson (2024)
- Julien Benda, La trahison des clercs (1927)
- Julian Nida Rümelin, Der Akademisierungswahn, Vortrag Körber-Stiftung (2014)
- Thomas Sowell, intellectuals and Society, Basic Books (2010)
- Rishi Sunak, Too Many University Students are Sold a False Dream, Telegraph (2023)
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David Edgerton, The Shock Of The Old: Technology and Global History since 1900, Profile Books (2019)
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Mervyn King, John Kay, Radical Uncertainty, Bridge Street Press (2021)
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Karl Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde

Thursday Aug 08, 2024
105 — Reflexionen mit Gabriel Kopper
Thursday Aug 08, 2024
Thursday Aug 08, 2024
Dies ist eine spezielle Episode der Reflexionen. Gabriel Kopper war Student in meinem Seminar mit dem Titel Technik für Menschen 2040, das sich im Kern mit Fragen der Verantwortung der Wissenschaft, Wissenschaft, Technik und Zukunft auseinandersetzt. Dabei sind systemisches Denken, kritische Reflexion und Ansichten aller Art gefordert.
Gabriel studiert Elektrotechnik und ist auch ein langjähriger Hörer des Podcasts und jemand, der sich in der Freizeit gerne Gedanken über Gott und die Welt macht. Wir haben uns über das letzte Jahr immer wieder über Themen, die im Podcast angesprochen wurden, diskutiert.
Das hat mich sehr gefreut, denn genau darum geht es ja, um das Anstoßen kritischer Gedanken und Diskussionen.
So habe ich Gabriel zu einer Episode eingeladen, in der wir verschiedene Themen, die im Podcast angesprochen wurden, reflektieren.
Wir beginnen das Gespräch über die verschiedenen Aspekte des Liberalismus, die Frage von negativer gegenüber positiver Freiheit. Wie kann man mit Ressourcenkonflikten umgehen? Mich interessiert besonders auch die persönliche Wahrnehmung von Freiheit oder Einschränkung von Freiheit. Wer sieht sich verantwortlich für das Lebensglück der Menschen? Welche Rolle hat der Staat und welche sollte er haben?
Findet man heute eher intrinsische oder externe Motivation beim Studium? Was ist Expertise und was ist von Follow the Science zu halten? Dann diskutieren wir Prognosen in komplexen Systemen und über Heuristiken in der Beurteilung von Experten. Ist verteiltes oder zentralisiertes Entscheiden sinnvoll und wie spielt das mit gesellschaftlicher Einigung zusammen? Kann man das am Beispiel der Rolle der Stadt zeigen? Aspekte wie Skalierung und Dimension?
Was ist der Unterschied zwischen epistemischen Demokraten und epistemischen Liberalen?
Wie finden wir Raum für Experimente, ohne als Gesellschaft zerrissen zu werden? Ist Akzeptanz von Entscheidungen die Basis des demokratischen Staatsgefüges?
Bilden die modernen Medien trotz aller Probleme die Komplexität der Welt besser ab als die Legacy-Medien?
»Man muss mit der Unsicherheit leben können.«
Am Prozess der Findung müssen letztlich alle Menschen teilnehmen, nicht nur eine intellektuelle Elite!
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2
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Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
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Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit Prof. Christoph Möllers
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Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 77: Freie Privatstädte, ein Gespräch mit Dr. Titus Gebel
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Episode 72: Scheitern an komplexen Problemen? Wissenschaft, Sprache und Gesellschaft — Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 57: Konservativ UND Progressiv
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Episode 51: Vorbereiten auf die Disruption? Ein Gespräch mit Herbert Saurugg und John Haas
Gabriel Kopper
Fachliche Referenzen

Monday Jul 22, 2024
104 — Aus Quantität wird Qualität
Monday Jul 22, 2024
Monday Jul 22, 2024
Nach dem letzten Gespräch mit Ralph über die Ideen von Nassim Taleb bin ich auf eine verwandte Idee gestoßen, die auf Hegel zurückgeht. Aber keine Angst — das wird nicht philosophisch verworren, sondern vielmehr sehr praktisch. Das Theme der heutigen Episode ist Qualität und Quantität. Es ist wieder eine kurze Episode mit der Anregung zum Nachdenken und Schreiben.
Was ist Qualität, was ist Quantität, wie kann sich Quantität in Qualität transformieren und was hat Josef Stalin mit der ganzen Sache zu tun?
»Ein positiver Wert kann nicht beliebig vermehrt werden, ab einer gewissen Größe kippt er von gut nach schlecht.«, Paul Watzlawick
Weitere Beispiele:
→ Verträge und die Rolle von Juristen. Ein Vertrag oder ein Regulierung mit vielleicht 5-10 Seiten ist verständlich und umsetzbar. Ein Vertrag mit 500 Seiten oder mehr dreht sich ins Gegenteil. Nun ist das, was als Recht begonnen hat zum Machtinstrument geworden. Derjenige gewinnt, der den längeren juristischen Atem hat.
→ Manche Luxusmarken erkennen, dass geringe Stückzahlen zu hohen Preisen relevant sind, um die Markenwirksamkeit aufrecht zu erhalten. Daher gibt es auch keine Abverkäufe zu niedrigeren Preisen.
Referenzen
Andere Episoden
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Episode 103: Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb, ein Gespräch mit Ralph Zlabinger
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Episode 85: Naturalismus — was weiß Wissenschaft?
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Episode 55: Strukturen der Welt
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Episode 27: Wicked Problems
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Episode 10: Komplizierte Komplexität
Fachliche Referenzen
- Robert Carneiro, The transition from quantity to quality: a neglected causal mechanism in accounting for social evolution (2000)
- Stalin Zitat
- Immanuel Kant, Kategorischer Imperativ
- Encyclopedia of Marxism
- Paul Watzlawick, Menschliche Kommunikation, Hogrefe (2016)

Thursday Jul 11, 2024
Thursday Jul 11, 2024
Die letzten drei Live-Aufnahmen vor Publikum im MQ in Wien waren eine tolle Erfahrung; vielen Dank an alle, die vor Ort waren und natürlich auch an alle, die diese Episoden im Stream nachgehört haben.
Jetzt freue ich mich wieder, eine neue »normale« Folge ansagen zu dürfen. Der Titel der heutigen Episode ist: »Schwarze Schwäne in Extremistan; die Welt des Nassim Taleb«. Noch mehr freut es mich, dass ich dieses Gespräch mit Ralph Zlabinger führen durfte. Ralph ist seit über zehn Jahren in der Beratung tätig, mit starkem Fokus auf Produktentwicklungsprojekte in der Automotive. Daneben ist er selbst Podcast-Host des EFS-Podcasts und passionierter Zukunftsforschungslaie. Er ist genau wie ich immer wieder bei Nassim Taleb hängen geblieben und benutzt die Taleb'schen Ideen öfter in Strategieklausuren als Framework.
Ralph und ich haben schon vor der Episode immer wieder über Talebs Ideen gesprochen und nun hat sich endlich die Gelegenheit geboten, ein Gespräch im Podcast-Studio von EFS-Consulting aufzuzeichnen.
Unser Gespräch beginnt mit unserer subjektiven Einordnung der Person Nassim Taleb, seiner Lebensgeschichte und seiner Bücher, die wie Fraktale aufgebaut sind. Wir diskutieren die unterschiedlichen Seiten Talebs, seine Persona in Büchern, in Vorträgen, Diskussionen und auf X/Twitter. Wie ist das völlig unterschiedliche Verhalten in unterschiedlichen Kontexten zu verstehen? Manchmal geradezu harmoniesüchtig; manchmal wie ein Irrer um sich schlagend?
Was können wir über die Zukunft sagen? Wie spielen seine Ideen mit der Erkenntnistheorie zusammen? Bringt Taleb das Problem, die Zukunft vorherzusagen oder eben nicht vorherzusagen, auf den Punkt?
Taleb gibt einem immer wieder das Gefühl, fast alles bisher verkehrt herum gesehen zu haben. Er ist auch stolz darauf, unabhängiger Denker zu sein. Es scheint jedenfalls ein wesentliches Manko der Zeit zu sein, dass es nur mehr sehr wenige unabhängige Denker gibt. Aber folgt daraus, dass jeder, der die Welt nicht sieht, wie er, ein Scharlatan ist?
Steht zuerst die Praxis und dann die Wissenschaft? Passt das zur Unterscheidung zwischen Wissen und Expertise; wir diskutieren das am Beispiel des Kochens? Welche Rolle spielen Heuristiken, »Tinkering« und Übung, wo liegen die Grenzen der Vorhersage und Planung im Kochen (oder auch im chemischen Labor)?
»People confuse science and scientists. Science is great, but individual scientists are dangerous.«, Nassim Taleb
Risiko ist ein zentrales Thema seiner Lebensgeschichte und seines wissenschaftlichen Denkens und Schreibens. Was sind diese schwarzen Schwäne? Stehen wir auf den Schultern von Riesen oder denken wir ähnliches und konvergieren Gedanken? Wie passt das alles zu Komplexität, Karl Popper, dem kritischen Rationalismus und der Chaostheorie?
»Jeder Intellektuelle hat eine ganz spezielle Verantwortung. Er hat das Privileg und die Gelegenheit, zu studieren. Dafür schuldet er es seinen Mitmenschen (oder der Gesellschaft), die Erkenntnisse seines Studiums in der einfachsten und klarsten und bescheidensten Form darzustellen. Das Schlimmste – eine Sünde gegen den heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen es versuchen, sich ihren Mitmenschen gegenüber als große Propheten aufzuspielen und sie mit orakelnden Philosophien zu beeindrucken. Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann.«, Karl Popper
Passt Karl Poppers Asymmetrie nun in die Gedankenwelt von Nassim Taleb, oder nicht?
Was hat das mit Konservativismus, mit »Skin in the Game« zu tun? Taleb betont immer wieder, man muss sich unbedingt in eine Situation bringen, unabhängig sein zu können.
»Academia has a tendency, when unchecked (from lack of skin in the game), to evolve into a ritualistic self-referential publishing game.«
Wie passt das Ganze zu den Ideen Friedrich von Hayeks, im besonderen das Koordinationsproblem gegenüber zentraler Steuerung?
Was ist die Metapher des Schwarzen Schwans, das Induktionsproblem nach David Hume? Was bedeutet Mediokristan und Extremistan, fat tails und die Truthahnillusion. Können wir Risiken vorhersagen? Sind schwarze Schwäne nicht oft auch ein Perspektivenproblem?
Was hat es mit der Antifragilität auf sich? Was ist der hormetische Effekt? Finden wir Frozen Accidents in Talebs Denken? Besteht die Gefahr, in den Sozialdarwinismus abzugleiten?
Was hat Too Big Too Fail mit dem Risikobegriff Talebs zu tun? Welche Heuristiken der Antifragilität gibt es?
»Success brings an asymmetry: you now have a lot more to lose than to gain.«
Wie einzelne prominente intellektuelle Irrläufer, die gerade nicht unabhängig denken, sondern sich von der Politik abhängig machen, der Gesellschaft großen Schaden zufügen können, am Beispiel von Trofim Lysenko.
In welchem Verhältnis stehen Effizienz und Resilienz?
»Most modern efficiencies are deferred punishment«, Nassim Taleb
Der Versuch, jedes Risiko zu vermeiden, stellt sich selbst als großes Risiko dar (siehe auch die Episode mit Vince Ebert).
Wo sind die Grenzen der Modellierung?
»Wir müssen so leben, dass wir niemals von der Vorhersage fragwürdiger Modelle abhängig sind«
Welche Rolle spielt Skalierung in der Betrachtung der Welt und des Risikos sowie politischer Systeme?
»A country is not a large city, a city is not a large family, and, sorry, the world is not a large village.«, Nassim Taleb
Warum ein Prototyp erst ein kleiner Schritt zu einem funktionierenden Produkt ist und es sich dabei ebenfalls um ein Skalierungsproblem handelt.
“Smart people on Wall Street generally . . . think that once you have come up with a prototype, that’s the hard part and everything else is trivial copying after that. It’s not. It’s perhaps 1 percent of the problem. Large-scale manufacturing, especially of a new technology, it’s something between 1,000 and 10,000 percent harder than the prototype.”, Elon Musk
Referenzen
Ralph Zlabinger
Andere Episoden
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Episode 100: Live im MQ, Was ist Wissen. Ein Gespräch mit Philipp Blom
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Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert
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Episode 91: Die Heidi-Klum-Universität, ein Gespräch mit Prof. Ehrmann und Prof. Sommer
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Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)
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Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David Zimmermann
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Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion
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Episode 76: Existentielle Risiken
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Episode 57: Konservativ UND Progressiv
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Episode 55: Strukturen der Welt
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Episode 47: Große Worte
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Episode 37: Probleme und Lösungen
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Episode 28: Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!
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Episode 27: Wicked Problems
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Episode 25: Entscheiden unter Unsicherheit
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Episode 23: Frozen Accidents
Fachliche Referenzen
- Nassim Taleb, Fooled by Randomness, Random House (2001)
- Nassim Taleb, The Black Swan, Random House (2007)
- Nassim Taleb, Antifragile, Random House (2012)
- Nassim Taleb, Skin in the Game, Random House (2018)
- Nassim Taleb auf X/Twitter
- Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt, Piper (1987)
- Friedrich von Hayek, Der Weg zur Knechtschaft, Univ. of Chicago Press (1944)
- Elon Musk, Prototype to product